Menschenrechte in Dubai stärken

Joana Breidenbach
22.12.2008

Dubai-PoliticsDr. Mohammed al-Roken in seiner Dubaier Kanzlei

Letzte Woche war ich in Dubai – nicht um den Bau des Burj Arab, des (wenigstens für ein paar Monate) größten Hauses der Welt zu bewundern oder die Pisten von Ski Dubai im gigantischen Einkaufszentrum herunterzuschlittern. Und auch nicht um mit Marcus Vetter und Ismael Kathib von Cinema Jenin auf der Terrasse eines der gigantomanischen Luxushotels ein kühles Bier zu trinken (obwohl wir genau dies auch machten, da Marcus gerade in Dubai war um The Heart of Jenin beim Dubai Film Festival zu zeigen (Übrigens liebten die Zuschauer den Film so sehr, dass er prompt den Publikumspreis gewann. Wir gratulieren!).

Nein, der Anlass meines Aufenthalts war wesentlich akademischer, dafür aber nicht weniger inspirierend. Das Auswärtige Amt hatte zum deutsch-arabischen Mediendialog eingeladen und während 3 intensiven Tagen diskutierten 20+ Teilnehmer aus der deutsch- und arabischsprachigen Welt über die kulturellen Folgen der Globalisierung in der Region und darüber, ob Dubais Wirtschafts- und Stadtplanungsmodell – größer, höher, teurer, schöner - ein Vorbild für die arabische Welt sein sollte oder nicht.

Building Towers, Cheating Workers

Natürlich konnte ich nicht ganz aus meiner betterplace.org Haut raus. Insbesondere nicht, nachdem Anja in unserem Berliner Büro über Human Rights Watch einen Kontakt zu Hadi Ghaemi, Autor der Studie Building Towers, Cheating Workers hergestellt hatte und dieser mich wiederum mit Mohammed al-Roken in Verbindung brachte. Al-Roken ist laut vielen Berichten, u.a. in der Washington Post, einer der bekanntesten Menschenrechtsanwälte der Region. Und dafür bezahlt er einen Preis:

He was arrested twice. The government forced him out of his job as a professor, canceled his public lectures and banned him from writing in newspapers. Nine months ago, his passport was seized, barring him from traveling abroad.

That’s not the tough part, the lawyer said. Far more difficult is the loneliness that comes with political work in a brashly exuberant city-state that prides itself on having no politics. “An activist might be praised, might be congratulated for his work, might be clandestinely supported, but there will be no uproar if something happens to him,” Roken said.

Wir trafen uns in der Mittagspause in seiner Kanzlei im alten Teil von Dubai.

Was wollte ich von ihm? Nun, ich bin seit langem von der Idee überzeugt, dass die Stärkung des Rechtssystems einer der zentralen Schlüssel für eine bessere Welt ist. Insbesondere in Staaten mit autoritären oder paternalistischen Regierungen, die – wie die Volksrepublik China oder die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) - theoretisch zwar akzeptable Rechtsordnungen haben, die in der Praxis aber nur sehr begrenzt durchgesetzt werden (können).

Deutsche Juristen engagieren sich auf betterplace.org für starke Rechtssysteme weltweit
Meine Wunschvorstellung geht dahin, dass sich auf betterplace im nächsten Jahr eine Reihe von guten Rechtsprojekten präsentieren, die gezielt von Spendern unterstützt werden können. Und da es sich anbietet, dass einzelne Interessen – und Berufsgruppen sich über nationale Grenzen hinweg für einander engagieren, würde ich gerne Teams von deutschen Anwälten, Jura-Professoren (hallo Stephan!) oder Richtern dafür gewinnen, die Fälle von Kollegen zu unterstützen, die unter härteren, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen arbeiten.

Als ich mit al-Roken dieses Thema besprach, bestätigte er den Bedarf: in Dubai gibt es nur eine sehr rudimentäre Zivilgesellschaft mit sehr wenigen Nichtregierungsorganisationen. Dennoch bietet sich eine Zusammenarbeit im rechtlichen Bereich mit betterplace.org an. Folgende Bedarfe listete der Anwalt:

  • gerade jüngere Anwälte aus den Vereinigten Arabischen Emiraten würden sehr von einem Austausch mit ausländischen Juristen, z.B. im Rahmen eines Universitätsprojekts, profitieren. Dieser Austausch könnte mit der Jurists Association der VAE organisiert werden, deren Präsident al-Roken früher – bevor er den Herrschern zu unbequem wurde - war.

  • die bestehenden Rechtsordnungen sind fast alle nur auf Arabisch verfügbar. Da jedoch 85% der Bewohner Dubais Ausländer sind, ist es dringend von Nöten, gerade die Migranten betreffenden Paragraphen (Aufenthaltsrecht, Arbeitsrechte etc.) ins Englische zu übersetzen.

  • viele Migranten können sich keine Rechtsvertretung leisten und Anwälte können nur eine begrenzte Menge an Fällen kostenlos übernehmen. Die Gebühren für diese Streitfälle könnten von Spendern übernommen werden.

Ein paar Worte zu den typischen Streitfällen: Wie Hadi Ghaemi in seiner Studie berichtet, gibt es gerade unter den an die 500.000 Niedriglohnarbeitern aus Indien, Pakistan und Bangladesch eine große Anzahl, deren Arbeitsrechte massiv missachtet werden. So werden Arbeiter oft schlecht oder gar nicht bezahlt, u.a. da Arbeitsvermittlungsagenturen routinemäßig ihre Vermittlungskosten den Migranten vom Lohn abziehen, statt wie von dem Gesetz in den Emiraten vorgesehen, den Arbeitgebern in Rechnung zu stellen. Die Pässe von Arbeitern werden einbezogen und die z.T. miserablen Arbeitskonditionen führen (in einer unbekannten Zahl von Fällen) zu gravierenden Unfällen und sogar zu zahlreichen Todesfällen.

Die Gesetze, um diese Vergehen zu ahnden existieren, aber die wenigsten Migranten können von ihren kargen Löhnen (ca. $180 monatlich) die Prozess- und Anwaltsgebühren zahlen, die pro Fall zwischen $1.500 – 2.000 ausmachen. Einige Rechtsanwälte übernehmen pro bono Fälle, doch übersteigt die Zahl der potentiellen Fälle bei weitem ihre Kapazität.

Wäre es nicht toll, wenn Dubaier Anwälte diese Fälle auf betterplace.org veröffentlichen – in der Art wie dies Sol y Vida im Gesundheitsbereich macht – und deutsche Juristen schließen sich zusammen um deren Unkosten und Gebühren zu spenden?