Zukunft statt Beton und Wellblech: 16 elternlose Kinder in Kambodscha

Kirsten Mieves
31.01.2013

Josh traf Kim Thor, Kim Yi und die anderen Kinder zum ersten Mal im August 2010. Insgesamt 16 Kinder im Alter von zwei bis 20 Jahre lebten allein in einem Verschlag aus Beton und Wellblech in Thalaborivat, einem kleinen Ort in der Provinz Stung Treng in Kambodscha. Der damals 22-Jährige Josh war zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zeit in Südostasien unterwegs gewesen. In Deutschland hatte er zuvor Biochemie studiert, sein Studium jedoch abgebrochen, um die Welt zu bereisen.

So kam er auch nach Thalaborivat und traf die Kinder in ihrer ärmlichen Behausung, ohne Toiletten, ohne fließendes Wasser und völlig auf sich allein gestellt. Die beiden ältesten Mädchen, Kim Thor (20) und Kim Yi (19) kümmerten sich um die Jüngeren. Essen bekamen die Kinder entweder durch Almosen der Nachbarn oder indem sie etwas erbettelten. Alle Kinder waren elternlos, ihre Eltern tot oder – so war es bei den meisten der 16 Kinder ­– die Eltern hatten sie weggegeben, weil sie arm waren oder aus anderen Gründen nicht für sie sorgen konnten.

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Theavy zum Beispiel, ein schüchternes 14-jähriges Mädchen, und ihre beiden Schwestern brachte die Mutter in Sicherheit vor dem gewalttätigen Vater. Puthy, damals 16, kam nach der Scheidung seiner Eltern zu den Großeltern, da seine Mutter ihn allein nicht ernähren konnte. Mittlerweile sind beide Eltern tot, und nach Beendigung der Grundschule verließ Puthy auch seine Großeltern. Er wollte unbedingt weiterlernen und eine High School besuchen. Dafür hatten die Großeltern jedoch kein Geld.

Die Kinder kamen erst in ein Kloster – dann in einen Betonverschlag mit Wellblech

In Kambodscha gibt es keine staatlichen Einrichtungen für diese Kinder, es ist üblich, sie in ein buddhistisches Kloster zu geben. Dort lebten auch diese 16 Kinder zunächst. Da jedoch elf der 16 Mädchen waren, mussten sie das Kloster verlassen. Nur Jungen bzw. Männer und Mädchen bis etwa 14 Jahren dürfen im Kloster übernachten. So landeten die Kinder in dem Betonverschlag. Zunächst kam einer der Mönche mit ihnen, um sich um sie zu kümmern, zog sich jedoch bereits nach einigen Wochen zurück und ließ die Kinder allein.

Josh – mit dem Elend der Kinder konfrontiert – entschied sich zu helfen. Er berichtete einer Freundin, Carolin, von den Kindern, und gemeinsam überlegten sie, was sie tun können, um die Situation der Kinder zu verbessern und ihnen die Perspektive auf ein besseres Leben zu geben. Im September 2010 trafen sie sich in Deutschland, und ab dann ging alles ganz schnell: Sie fassten den Entschluss, selbst nach Kambodscha zu ziehen; innerhalb einer Woche gründeten sie den Verein BeeBob Hilft e. V. und bereiteten alles Nötige vor. Bereits zwei Wochen später saß Josh wieder im Flugzeug nach Kambodscha, Carolin folgte ihm wenig später.

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Zunächst kamen sie vor Ort bei Volontären anderer Organisationen unter und erhielten von diesen auch finanzielle Mittel, um die Kinder für die ersten drei Monate zu versorgen. Als erstes besorgten sie eine Hausmutter. Kim Hern ist Kambodschanerin, etwa 45 Jahre alt, kümmert sich um die Kinder, kocht für sie und vor allem: ist immer für sie da. Später kam der Projektleiter San Phalla, 39, hinzu.

Vor Ort suchten Josh und Carolin den Kontakt zu lokalen Organisationen, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Alles sollte in legalem Rahmen ablaufen und die Einheimischen maßgeblich beteiligt sein. Zusammen mit ihnen planten sie die Hilfe für die Kinder und setzten sie um.

Die Kinder bekamen ein vollmöbliertes Haus – mit Toiletten und fließend Wasser

Spenden bekamen Josh und Carolin zunächst vor allem von Freunden, Bekannten und Verwandten. Sie starteten kleine Spendenaktionen, schrieben E-Mails, schilderten die Situation der Kinder und baten um Unterstützung. Die kam: Bald war genug Geld zusammen, um nicht nur die laufenden Kosten für Nahrung, Kleidung, Schulgeld und dergleichen zu decken und Kim Hern und San Phalla einen angemessenen Lohn zu zahlen, sondern auch um eine neue Unterkunft für die Kinder zu bauen – ein richtiges, vollmöbliertes Haus mit Betten, Schränken, Toiletten und einer Solaranlage für eine Pumpe – und fließendem Wasser.

So schafften Josh und Carolin nach und nach ein großes Unterstützernetzwerk für die Kinder. Immer mehr Leute erfuhren vom Projekt und boten ihre Hilfe an. Sie kamen als Volunteers für eine Weile zum Projekt, spendeten Geld oder übernahmen direkt die Patenschaft für eines der Kinder. Zusätzlich bekommt der BeeBob Hilft e. V. Unterstützung von Stiftungen und über betterplace.org. Im Sommer 2012 konnte sogar noch ein zweites Haus gebaut werden, um noch mehr Kinder aufzunehmen. 20 leben im Moment dort, weitere kommen bald dazu.

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Und der Erfolg der Hilfe zeigt sich bereits: Kim Thor, die Älteste, macht gerade in Stung Treng ihren Bachelor in Business Administration. Kim Yi, die Zweitälteste, absolviert seit Oktober eine Ausbildung zur Hebamme. Und der älteste Junge, Puthy, der unbedingt weiterlernen wollte und daher seine Großeltern verließ, studiert seit ein paar Monaten Medizin in Phnom Penh.

Die Kinder brauchen weitere Unterstützung

Josh und Carolin haben Enormes auf die Beine gestellt. Sie selbst hätte nicht geglaubt, dass sie in so kurzer Zeit so viel schaffen würden, gesteht Carolin – und freut sich. Josh und Carolin sind nun wieder zurück in Deutschland und studieren selbst wieder. Ihr Projekt läuft gut betreut weiter, und sie besuchen die Kinder regelmäßig.

Unterstützung wird natürlich weiterhin gebraucht. Die nächsten Kinder verlassen bald die High School, und der Verein benötigt finanzielle Unterstützung, um auch deren Ausbildung und Studium zu bezahlen. Außerdem würden Josh und Carolin gern den anderen Kindern aus dem Ort ebenfalls Zugang zum zusätzlichen Unterricht ermöglichen, den „ihre“ Kinder erhalten. Hierzu benötigen sie Spenden, um einen kambodschanischen Lehrer für regelmäßigen Unterricht bezahlen zu können.

Hier könnt Ihr Josh, Carolin und die Kinder des Projekts unterstützen: beebob.betterplace.org.

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