Besuch in Bombolulu

Joana Breidenbach
03.11.2010

In den Berliner Herbstferien waren wir mit unseren Kindern in Lamu, Kenia. Ganz ohne Laptop und Internetverbindung hatten wir viel Zeit für eine Reihe von wichtigen Büchern, die allerdings eine durchweg empörende bis frustrierende Lektüre boten. Von dem neuen Buch des englischen Autors Peter Gill über die verheerenden Folgen von Live Aid in Äthiopien über Die Mitleidsindustrie, einem erschreckenden Blick hinter die Kulissen internationaler Hilfsorganistionen (Blogpost folgt) bis hin zu der Demontage der KfW, der deutschen Entwicklungsbank, in der ethnographischen Parabel Weit Hergeholte Fakten.

Bücher wie diese müssen für uns bei betterplace.org Anlässe sein, genau hinzuschauen, welche Ansätze und Institutionen wir mit unserer Plattform und unserer Arbeit unterstützen, denn die Welt wird bestimmt kein better place wenn Spenden für die Verlängerung von Kriegen eingesetzt werden oder die Eigeninitiative der lokalen Bevölkerung lähmen.

Cecil Kids House
In der gleichen Woche konnten wir jedoch auch einmal mehr erfahren für welche Projekte wir betterplace machen. In Mombasa besuchten wir Cecil Kids House, eine Ganztagsschule für AIDS-Waisen in Bombolulu. In diesem Vorort wohnt der ärmste Teil der Bevölkerung, es ist – auch im Sprachgebrauch der Beteiligten – ein Slum.

Cecil Kids House war eines der ersten Projekte auf betterplace und bestand damals aus einer undichten Wellblechhütte ohne Latrinen, Tische und Stühle, die einer Handvoll Kinder Unterschlupf und eine warme Mahlzeit am Tag bot. Es ist eine Initiative von Ann Wambua.

Drei Jahre später ist das Gebäude im Slum ein wahres Schmuckstück: von außen weiß getüncht und mit bunten Figuren bemalt (darunter auch ein großes betterplace-Zeichen) wurde das Dach neu gedeckt, drei Latrinen eingebaut, das Klassenzimmer frisch renoviert und mit Holzmöbeln ausgestattet. Heute kommen täglich 39 Kinder in den mit Zeichnungen, Basteleien und Tafeln versehenen Raum um von Ann und einer Montessori-Lehrerin, sowie drei ehrenamtlich arbeitenden jungen Männern betreut zu werden.

Wenig Geld – großer Hebel
Dies alles wurde möglich gemacht durch die ca. €3000, die Cecil Kids House in den letzten 3 Jahren über betterplace einsammeln konnte. Im Gespräch mit Ann und ihren Mitarbeitern wurde deutlich, mit wie wenigen Mitteln in diesem Umfeld Erstaunliches geschaffen werden kann: 80€ sind das Monatsgehalt der Montessori-Lehrerin, die Schule an die gerade erst nach Bombolulu geführte Elektrizitätsleitung anzubinden kostet um die 550€.

Da Gelder für die Elektrifizierung noch nicht vorhanden sind, saßen wir nach Anbruch der Dunkelheit in dem von Kerzen erleuchteten Klassenzimmer, während die Kinder Gedichte und Lieder vortrugen und uns mit selbstgemalten Bildern beschenkten.

Hilfe für die Witwen im Slum
Im Anschluss führte uns Ann zu einer der Großmütter, bei denen die Mehrzahl der AIDS-Waisen leben. Die Frau hatte ihre gesamte Familie, Ehemann, Kinder und deren Partner an den Virus verloren und lebte bis vor kurzem mit ihrem Enkelkind im Freien. Dann nahm Ann sich ihr (und einiger anderer Witwen) an und sorgte dafür, dass sie eine rudimentäre Hütte zur Verfügung gestellt bekam. Jetzt versucht sie den Frauen ein kleines Einkommen zu beschaffen, indem sie ihnen z.B. eine Thermoskanne und Becher kauft, mit denen sie im Slum Tee verkaufen können. Auch dieses minimale Unternehmertum kann man über betterplace unterstützen.

Projekte wie diese, von engagierten Menschen initiiert und getragen (s. Anns Lebenslauf hier - nur für eingeloggte Leser zugänglich) können in nahezu auswegslosen Lebenssituationen eine Oase der Geborgenheit, Bildung und Hoffnung sein.

Wir haben betterplace gegründet, damit solche Initiativen einen Platz haben sich darzustellen und andere in ihre Arbeit einzubeziehen – mit Geld, Mitarbeit und Know How. Aus einem email und SMS-Kontakt wurde nach drei Jahren ein berührender Blick in ein Haus, das 39 Kindern Heimat, Essen, eine Erziehung und damit eine Lebensperspektive bietet. Und es wurde ein freundschaftlicher Abend mit Ann, die ihre Zeit, ihre Mittel und vor allem ihr Herz, jeden Tag für ihre Kinder einbringt.

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Bei Ann zuhause (sie sitzt zwischen uns auf dem Sofa). Da es im Cecil Kids House nur Kerzen gab, konnten wir leider keine guten Photos machen. Aber die kann man auf der Projektseite sehen.

Wir haben jetzt als Besucher die Möglichkeit, ein Stück Vertrauen im das Cecil Kids House zu gewährleisten. Und andere zu inspirieren, vielleicht eine Spendenaktion zu bilden, die jeden Monat einen Lehrer unterstützt. Darum heißt unsere Plattform betterplace.

Mit Cecil Kids House sind nicht alle Probleme dieser Welt gelöst. Es gibt genug zu tun für Entwicklungsbanken, Entwicklungszusammenarbeit und NPOs. Was und wie weit bleibt im Einzelnen umstritten. Vom Cecil Kids House lernen können sie alle: Eigeninitiative und lokale Verantwortung stärken, transparent sein und Hingabe über Bürokratie triumphieren lassen.

Und hier geht es zum Projekt.