Daten als Treiber: die angelsächsische Diskussion 2009. 3. Teil des Jahresrückblicks

Joana Breidenbach
26.12.2009

Spannende Entwicklungen lassen sich im sozialen Sektor in den angelsächsischen Ländern verfolgen. Die dort geführten Diskussionen werden in der Zukunft auch vermehrt hierzulande eine Rolle spielen.

Daten, Messen, Wirksamkeit
Die Spendenkrise in den USA hat u.a. dazu geführt, dass Organisationen sich noch mehr darauf fokussieren, wie sie ihre Wirksamkeit messen und vermitteln können. Denn im verschärften Konkurrenzkampf um begrenzte Fördergelder werden sich genau die Organisationen behaupten können, die nachweisen können, dass ihre Arbeit auch wirklich funktioniert.

Lucy Bernholz, Autorin meines Lieblingsblogs Philanthropy 2173, hat folgende Trends für die amerikanische non-profit Szene identifiziert:

Daten dominieren die Diskussion
Stellten sich gemeinnützige Organisationen in den letzten Jahren die Frage: „Sollen wir unsere Arbeit messen?“ so ist diese durch „Was messen wir?“ abgelöst worden. Dabei kristallisierte sich heraus, dass der Anteil von Verwaltungskosten am Gesamtbudget nicht die EINE relevante Kennzahl darstellt, sondern Metriken nur dann sinnvoll sind, wenn sie die Wirksamkeit der geleisteten Arbeit erfassen. Im letzten Jahr wurde eine ganze Phalanx neuer Messinstrumente im Netz zur Verfügung gestellt, wie Acumen Funds BACO, REDF’s SROI, Keystone’s Constituency Voice und viele andere Tools anzuführen, die in der TRASI Datenbank zusammengefasst sind. (Trasi ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen McKinsey’s Social Sector Office und dem The Foundation Center und stellt Informationen zu 150 unterschiedlichen Tools zur Verfügung – von Fragebögen über Meinungsumfragen bis Zertifizierungsprotokolle – die alle darauf abzielen die Wirksamkeit von sozialen Projekten zu erfassen)

Verstärkte Forderungen nach Transparenz
Online Technologie ermöglicht es, einfach Daten zu speichern, zu strukturieren und darauf zuzugreifen. Proportional zu diesen Möglichkeiten wachsen auch unsere Anforderungen an Transparenz: Wenn es die Daten gibt, wollen wir sie bitte auch sehen. Deshalb sind, so Bernholz Data the new platforms for change.

In den USA gibt es bereits eine ganze Reihe von Websites wie GreatNonprofits, Charity Navigator, Guidestar, InsideGood, Philanthropedia und Give Well, die als Verzeichnisse gemeinnütziger Organisationen dienen und darüber hinaus Einblicke in Organisationsstruktur, Finanzen und Evaluationen bieten. Auf dieser Basis wird es immer einfacher ein Ranking zwischen den unterschiedlichen Organisationen und Initiativen vorzunehmen, welches wiederum die Spendenströme grundlegend beeinflussen wird.

Wie weit die Transparenz gehen kann zeigt u.a. die neue Website Philanthropy In/Sight, die es auf einer google map übersichtlich nachzuvollziehbar macht, in welchen Regionen und für welche Themen Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen ihre Gelder ausgeben. In die gleiche Richtung gehen eine Reihe von Websites wie Where Does My Money Go?, die aufzeigen, wo öffentliche Gelder (in diesem Fall in Großbritannien) ausgegeben werden. Einen erhellenden Post zu den neuen Transparenzforderungen hat Giulio Quaggiotto auf dem PSD Blog der Weltbank geschrieben.

Erweiterte Realität
Vom gleichen Autor stammt auch eine Übersicht zu Development Squared, dem Nachfolger von Development 2.0., in dem er die Implikationen der neuesten Webtechnologien wie augmented reality (erweiterte Realität) für den entwicklungspolitischen Sektor skizziert. Wenn es schon jetzt mit Googles neuem goggles möglich ist, Informationen über seine Umgebung zu erhalten, einfach indem man sie (ein Gebäude, einen Berg oder ein Produkt) mit seinem Handy aufnimmt, sollte es bald auch möglich sein, Informationen zu einem Brunnen, einem Flüchtlingslager oder einer Gesundheitsstation einfach verfügbar zu machen.

Wo ist das deutsche Verzeichnis gemeinnütziger Organisationen?
Während für Bernholz in den USA „Impact Investing“ eines der wichtigsten Buzzword 2009 war, d.h. eine Neuausrichtung auf quantifizierbare finanzielle, soziale und ökologische Wirkungsmessungen, ist diese Entwicklung in Deutschland gerade mal bei den großen Stiftungen angekommen, spielt aber für den einzelnen Privatspender eine sehr untergeordnete Rolle. Umfragen zufolge möchte zwar auch der deutsche Spender wissen, wo sein Geld hingegangen ist und welchen Unterschied es gemacht hat, von einer Forderung nach Standards, die auch nur ansatzweise denen in der Wirtschaftswelt üblichen ähneln, sind wir aber noch weit entfernt.

In Deutschland wird der erste Schritt in diese Richtung sein, überhaupt ein leicht zugängliches Verzeichnis gemeinnütziger Organisationen zu etablieren. Nach dem Scheitern von Guidestar in Deutschland wird dies eine der Herausforderungen der nächsten Jahre werden. Anknüpfungspunkte sind dabei u.a. Transparency Internationals Transparenzinitiative für den deutschen sozialen Sektor, in Folge derer ein Katalog von wünschenswerten Offenlegungspflichten erarbeitet wurde, von denen wir uns wünschen, dass sie breite Akzeptanz finden.

Im vierten und letzten Teil des Jahresrückblicks geht es um neue Entwicklungen im Crowdsourcing.