Haiti: Zwei Jahre nach dem Beben

Björn Lampe
12.01.2012

Vor zwei Jahren, am 12. Januar 2010, erschütterte ein schweres Erdbeben den Inselstaat Haiti. Über 300.000 Menschen kamen dabei ums Leben und große Teile der Infrastruktur wurden zerstört. Die Hilfsbereitschaft in aller Welt war riesig und auch über betterplace.org und unsere Partner kamen in den Wochen danach rund 1 Million Euro an Spenden für die Betroffenen der Katastrophe zusammen.

Rund 73.000 Euro dieser Spenden flossen an Help - Hilfe zur Selbsthilfe , eine weltweit tätige Hilfsorganisation in der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit mit Sitz in Bonn. Dabei wurde ein Großteil für die Soforthilfe nach dem Erdbeben gespendet, aber auch danach unterstützte die betterplace.org-Community die Projekte von Help in Haiti.

Wir haben bei Raphael Göpel , dem Verantwortlichen für die Projekte von Help auf betterplace.org, nachgefragt was mit den Spenden passiert ist:

Help hat zunächst Soforthilfe in Haiti geleistet. Wie müssen wir uns das vorstellen?

[caption id=”attachment_5241” align=”alignleft” width=”300” caption=”Prof. Dr. Echtermeyer führte Notoperationen in Haiti durch”]Prof. Dr. Echtermeyer führte Notoperationen in Haiti durch[/caption]

Nach dem Erdbeben leisteten wir unmittelbare Nothilfe im Katastrophengebiet um die haitianische Hauptstadt Port au Prince. Zwei erfahrene Nothelfer flogen sofort nach Haiti aus, um die Katastrophenhilfe vor Ort zu koordinieren. Ein fünfköpfiges Ärzteteam operierte Verletzte und Verwundete, gemeinsam mit unserer Partnerorganisation action medeor wurde medizinisches Material für etwa 60.000 Menschen eingeflogen und Lebensmittel ins Katastrophengebiet geschafft.

Was für Schwierigkeiten gab es dabei?

Die Koordination und Hilfe vor Ort waren für die beteiligten Kräfte nicht einfach, da das Ausmaß des Bebens einen Grad erreichte, der eine immense Herausforderung für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Hilfsorganisationen darstellte. Erschwerend hinzu kamen die Grundbedingungen in einem der ärmsten Länder der Welt, geprägt durch Korruption und Misswirtschaft sowie fehlenden staatlichen Strukturen. Die Sicherheitslage stellt zudem noch immer eine nicht zu unterschätzende Gefahr da, auch für die Hilfsorganisation und deren Teams.

Trotz aller Anstrengungen ist im Katastrophengebiet die Cholera ausgebrochen. Wie habt Ihr darauf reagiert?

Richtig, im Oktober 2010 brach in Haiti erschwerend die Cholera aus, die unbehandelt bei Kindern, älteren Menschen oder bereits kranken Menschen schnell zum Tode führen kann. Um die 7.000 Menschen sind bisher an den Folgen der Krankheit gestorben. Übertragen wird die Cholera oft über verunreinigtes Trinkwasser, aber auch durch Choleraerreger infizierte Lebensmittel. Da sauberes Trinkwasser nur für einen geringen Anteil der Bevölkerung zugänglich ist, hat Help mobile Wasserfilteranlagen nach Haiti gesendet. In den Anlagen des Modells PAUL ist ein Membranfilter, der 99 % aller Bakterien und anderer pathogener Keime aus dem eingefüllten Wasser herausfiltert. Das Filtersystem wurde zuvor von Help in Pakistan an Schulen eingesetzt, und hatte sich dort durch seine einfache Handhabung und Instandhaltung bewährt. Mittlerweile wird der Wasserfilter auch in Kenia eingesetzt. Die Wasserfilter werden an Schulen, Gesundheitsstationen und Kindergärten eingesetzt und können dort auch zu Aufklärungskampagnen zum hygienischen Umgang mit Wasser benutzt werden. Es gab seither mehrere Wellen von Choleraausbrüchen, was typisch für die Krankheit ist, und es ist zu Beginn der kommenden Regenzeiten mit erhöhten Neuerkrankungen zu rechnen. Daher ist jetzt auch der präventive Einsatz des Wasserfilters im Hinblick darauf sinnvoll.

Vielfach wurde kritisiert, dass nach der Soforthilfe nicht mehr viel passiert ist. Wie sieht es mit dem Wiederaufbau aus?

[caption id=”attachment_5243” align=”alignright” width=”300” caption=”eines der neu errichteten Häuser”]eines der neu errichteten Häuser[/caption]

Durch das Erdbeben wurden in Haiti tausende Häuser und Gebäude zerstört. Help baute nach der Soforthilfe sein Team vor Ort aus und baute im nächsten Schritt Schulen und Gesundheitsstationen auf. Ganz zentral ist der Bau von 1.039 Häuser, die erdbebensicher sind, darunter 120 barrierefreie Häuser. Es sind bereits über 700 Häuser gebaut, und Help wird 2012 dieses Projekt fertigstellen. Bei den barrierefreien Häusern arbeiteten wir mit der Christoffel Blindenmission zusammen, die ein großes Fachwissen in diesem Bereich hat. Diese Häuser werden nun mit Solarlampen ausgestattet, die junge Haitianerinnen und Haitianer, alles ehemalige Auszubildende von Help, herstellen. So kann das Konzept Hilfe zur Selbsthilfe direkt umgesetzt werden. Mit Spendengeldern sollen nun auch die anderen Häuser mit den Solarlampen ausgestattet werden.

Hilfe zur Selbsthilfe klingt immer gut. Was bedeutet das konkret?

[caption id=”attachment_5245” align=”alignleft” width=”300” caption=”Simon Dieunisse arbeitet schon über 1,5 Jahre für Help. Er schneidet und schraubt die Holzplatten für die Häuser.”]Simon Dieunisse arbeitet schon über 1,5 Jahre für Help. Er schneidet und schraubt die Holzplatten für die Häuser.[/caption]

Help hat neben wenigen internationalen Mitarbeitern viele lokale Mitarbeiter eingestellt, die am Wiederaufbau Haitis beteiligt werdenDiese arbeiten vor allem beim Bau der Häuser und in der Help-Produktionsstraße, wo die Bauelemente vorgefertigt werden.Dort haben wir während dem Bau der Häuser Haitianer und Haitianerinnen ausgebildet, von denen einige mittlerweile eine eigene Firma gegründet haben. Dies ist z.B. der Fall bei den jungen Handwerkerinnen und Handwerkern, die nun Metallrahmen für die Befestigung der Solarlampen für die Häuser herstellen.

Welches sind die größten Herausforderungen, vor die das Land noch gestellt ist?

Damit sich Haiti langfristig positiv entwickelt, ist politische Stabilität notwendig, der Aufbau solider öffentlicher Strukturen und ein funktionierendes Rechtssystem. Hilfsorganisationen müssen immer die lokale Bevölkerung einbeziehen und sich intensiv untereinander austauschen, um die Arbeit vor Ort ständig zu verbessern und aus Fehlern gemeinsam zu lernen.

Wie lange wird Euer Einsatz vermutlich noch andauern?

Die Wiederaufbauprojekte in Haiti werden noch mindestens bis 2014 andauern. Ob Help Projekte in der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit starten wird, müssen wir noch entscheiden.

Das Solarlampen-Projekt von Help für die neuen und erdbebensicheren Gebäude, kann hier unterstützt werden.