Kurswechsel in China

Joana Breidenbach
15.05.2008

Mein blogpost über Zyklon Nargis in Birma endete mit der Frage, wieso China – der engste politische und wirtschaftliche Partner des Militärregimes – sich nicht aktiv bei der Nothilfe beteiligt und damit sein arg geschädigtes internationales Image aufbessert. Einen Tag später brach in der Provinz Sichuan das Erdbeben

aus, welches bislang 15.000 Tote gefordert hat, viele von ihnen Kinder (und das in einem Land, in dem die meisten Familien in Folge der Ein-Kind-Politiknur ein einziges haben).

In der Vergangenheit hat die chinesische KP sich sehr ähnlich verhalten wie jetzt die birmesische Junta: Naturkatastrophen wurden vor der eigenen Bevölkerung geheim gehalten. Als 1976 ein massives Beben in der ostchinesischen Stadt Tangshan wütete, bei dem mehr als 240.000 Menschen starben, spielte die herrschende Viererbande die Tragödie herunter, lehnte jede Hilfe von außen ab und überließ die Bergungsarbeiten armselig ausgestatteten Soldaten. Erst drei Jahre später wurde die Zahl der Opfer bekannt gegeben. Aber auch noch vor wenigen Jahren, 2003 beim Ausbruch der SARS Epidemie, wurde die Bevölkerung von offizieller Seite über einen langen Zeitraum im Dunkeln gelassen.

Umso mehr überrascht die Offenheit und Effizienz mit der die Regierung Wen Jiabaos jetzt agiert: der Premierminister flog keine vier Stunden nach dem Beben selbst ins Gebiet, lief über Trümmerhaufen und sprach Verschütteten durchs Megaphon Mut zu. Innerhalb von 36 Stunden waren 120 Zivile Rettungsteams und 60 Bulldozer aktiviert - welch Unterschied zu Birma, wo wir hören, dass im Irriwaddy-Delta fast keine Bergungs- und Hilfsmaßnahmen erkenntlich sind! Im chinesischen Fernsehen läuft eine Sondersendung nach der anderen, Auslandskorrespondenten können frei berichten.

Die KP hat offenbar die Chance erkannt, sich innen- und außenpolitisch zu profilieren, indem sie sich von Birma abgrenzt. Die schnelle und zupackende Reaktion hat dann auch dazu geführt, dass chinesische Chatrooms voller Lob für die eigene Regierung sind und der BBC bemerkt, die chinesische Regierung würde wesentlich kompetenter handeln als die Regierung Bush beim Hurricane Katrina.