Nackt am Strand oder auf der Plattform?

Joana Breidenbach
29.08.2009

Unsere Plattform lebt von wahren Geschichten, von Menschen, die ihr Leben und das ihrer Gemeinschaft verbessern wollen. Und von anderen Menschen, die sich für die Realisierung der Projekte mit Zeit, Geld und Wissen einsetzen möchten. Sie können einander kennen lernen und miteinander in Kontakt treten. Photos und Videos spielen dabei eine wichtige Rolle, machen sie Geschichten und Projekte doch oft viel anschaulicher als Worte.

Mit dieser neuen Kommunikationsmöglichkeit gehen viele Chancen, aber auch einige Risiken und neue Verantwortlichkeiten einher. Denn wenn Menschen sich für die besseren Lebensbedingungen von anderen Menschen einsetzen und diese öffentlich im Netz präsentieren, müssen die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Auch noch so gut gemeinte Bemühungen sich für Dritte einzusetzen, müssen diese um Erlaubnis fragen, ob sie ihr Schicksal in Wort und Bild auf betterplace.org offen legen dürfen.

Projektverantwortliche auf betterplace verpflichten sich über Dritte nur dann Informationen zu veröffentlichen, wenn sie diese vorher um Erlaubnis gefragt haben. Wenn eine Organisation für Kinder in Afrika Geld einsammelt und diese auf betterplace beschreibt, gehen wir davon aus, dass die Erziehungsberechtigten dieser Kinder ihre Erlaubnis gegeben haben, so wie es in den AGBs heißt:

4.2. Der Nutzer ist für … alle von ihm eingestellten Inhalte uneingeschränkt verantwortlich. Vor … dem Einstellen von Inhalten hat sich der Nutzer zu vergewissern, dass … seine Inhalte nihct gegen gesetzliche Vorschriften, die guten Sitten oder Rechte Dritter verstoßen können (z.B. Marken-, Namens-, Urheber- und Datenschutzrecht, jugendschutzrechtliche Bestimmungen.) Insbesondere verpflichtet sich der Nutzer vor dem Einstellen von Texten oder Bildern die erforderlichen Einwilligungen der Beteiligten, beispielsweise der Fotografen oder abgebildeten oder genannten Personen einzuholen.

Wenn ich mir die Projekte auf betterplace.org ansehe, dann scheint mir die Welt allerdings tendenziell zweigeteilt. Da sind auf der einen Seite viele Projekte in westlichen Industriestaaten, die zwar um Unterstützung für ein Einzelschicksal werben, aber dieses wird meist anonymisiert und die Betroffenen treten nicht namentlich und mit Bild in Erscheinung. Anders bei einigen Projekten, die sich für Menschen aus dem Süden einsetzen. Hier finden wir des Öfteren nicht nur die Photos der Betroffenen, sondern in einigen Fällen auch ziemlich drastische Beschreibungen ihrer Lebensumstände. Doch wissen die Beteiligten, dass ihre Mutter öffentlich als Prostituierte und der Vater als Trinker beschrieben werden?

Diese Zweiteilung der Welt in einen Teil, in dem Persönlichkeitsrechte gelten und einem anderen, in dem sie als unwichtig(er) erscheinen, hat eine lange Tradition, die bis zur ersten Kontaktaufnahme zwischen der Alten und der Neuen Welt zurückreicht und während des Imperialismus und Kolonialismus einen Höhepunkt erreichte.

Menschen überall haben die gleichen Rechte auf Schutz der Privatsphäre

Heute wissen wir es besser: Menschen weltweit haben die gleichen Menschenrechte und einen Anspruch auf den Schutz ihrer Privatsphäre. In diesem Zusammenhang gibt es natürlich fließende Grenzen: die in einigen angelsächsischen Ländern (z.B. den USA und Australien) gängige Praxis das Fotografieren auf öffentlichen Stränden zu verbieten, weil sich auf diese Weise Bilder von dürftig bekleideten Frauen auf den Fotos von Dritten befinden, finde ich persönlich völlig übertrieben. Natürlich sollten Spanner, die Kinder nackt am Strand fotografieren, daran gehindert werden. Das aber zu einem Pauschalverdacht für alle Fotografen auszuweiten, ist absurd.

Doch auf einer Plattform wie betterplace, in der es um einen Dialog auf Augenhöhe zwischen Menschen aus den unterschiedlichsten Weltteilen und sozialen Schichten geht, sollte es selbstverständlich sein, dass die gleichen Rechte für alle gelten.