Naturkatastrophen sind politisch

Joana Breidenbach
15.01.2010

Lorenz auf anthropologi.info, einem der besten deutschsprachigen Anthropologieblogs, hat heute einen guten Beitrag über Haiti gepostet, in dem er u.a. die Rolle von Web 2.0. Technologien beschreibt, über die ein “everyday cosmopolitanism” seinen Ausdruck findet.

In Haiti sehen wir, wie Naturkatastrophen nicht nur einfach auf widrige Naturumstände zurückzuführen sind, sondern ebenso wichtige soziale und politische Ursachen haben: Das Fehlen jeder staatlichen Zentralmacht in Haiti bringt es mit sich, das die Bevölkerung in diesen traumatischen Tagen fast vollständig sich selbst überlassen ist. Aber wieso ist Haiti so arm und politisch desaströs? Die im blogpost zu Worte kommenden Anthropologen weisen auf die Rolle der Kolonialisten ebenso hin, wie auf die der USA, die in den letzten Jahrzehnten Haiti politisch massiv destabilisiert haben. Haiti war einst ein reiches Land; es produzierte mehr Reichtum für die französischen Kolonialherren als die 13 Kolonien, die Großbritannien in Nordamerika unterhielt. Aber:

Colonialism launched environmental degradation by clearing forests. After the revolution, the new citizens carried with them the traumatic history of slavery. Now, neocolonialism and globalization are leaving new scars. For decades, the United States has played, and still plays, a powerful role in supporting conservative political regimes.

Auch Paul Farmer, Gründer von Partners in Health und derzeitiger UN Deputy Special Envoy für Haiti, verweist auf die destabilisierende Rolle, die die USA in den letzten Jahrzehnten in der Politik Haiti gespielt hat - die gleichen Vereinigten Staaten, die jetzt lautstark den Hilfsgüter-Konvoi organisieren und als Retter in Erscheinung treten.