Online Fundraising hat in den letzten Jahren auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Organisationen sammeln immer mehr Spenden über das Internet ein. Doch wie viel genau, ist weiterhin wenig bekannt. Es fehlt an verlässlichen und vergleichbaren Zahlen. Das betterplace.lab hat hierzu schon vor einigen Jahren das NGO-Meter eingerichtet, um gemeinsam mit einigen deutschen NGOs eine Datenlage zu schaffen. Ziel ist dabei auch allen NGOs, die im Online Fundraising aktiv sind, Vergleichszahlen zu liefern: ist mein Fundraising im Internet erfolgreich? Wie sieht es bei anderen Organisationen aus? Worauf sollte ich zukünftig achten?
Beim Deutschen Fundraising Kongress 2016 habe ich, Björn Lampe, Vorstand von betterplace.org, die neuesten Zahlen des NGO-Meters präsentiert und mit Statistiken aus der Spendenplattform betterplace.org ergänzt. Für die Zahlen aus der Plattform wurden im Vorfeld über 100.000 Spenden aus dem Jahr 2015 analysiert und ausgewertet. Sie lassen Rückschlüsse auf das Verhalten von deutschen Online Spendern zu, die sicherlich nicht allgemeingültig sind, aber dennoch eine Richtung aufzeigen.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Auswertungen habe ich im Folgenden für Euch dokumentiert:
Organisationen, die Online Fundraising betreiben, erlösen im Durchschnitt 28% ihrer Spendeneinnahmen über ihr Online Spendenformular. Der Medianwert liegt bei 9%.
Die durchschnittliche Online Spende liegt bei 71 EUR und damit deutlich höher als Offline (37 EUR). Der Medianwert liegt bei 58 EUR. Interessant ist hierbei, dass große Organisationen (über 1 Mio EUR Spendenvolumen pro Jahr) mit einem Durchschnittswert von 102 EUR deutlich erfolgreicher sind als kleinere Organisationen. Mit 51 EUR liegt der Durchschnittswert bei Organisationen am niedrigsten, die zwischen 10.000 und 100.000 EUR pro Jahr sammeln.
Die durchschnittliche Spendenhöhe unterscheidet sich zudem auch abhängig von der gewählten Zahlungsmethode. Auf betterplace.org beträgt die durchschnittliche Spende per Lastschrift 88 EUR während sie mit Paypal bei 50 EUR liegt.
Diese hohen Durchschnittswerte können auch mobil erreicht werden, hängen aber auch dort von gewissen Faktoren ab. So ist die Durchschnittsspende bei Geräten mit iOS als Betriebssystem mit 84 EUR deutlich höher als bei Geräten mit Android (40 EUR).
Wer auf Grundlage dieser Zahlen aber entscheidet bestimmte Zahlungsmethoden abzuschalten, ignoriert die Häufigkeit der Nutzung. Zwar liegt die Durchschnittsspende – wie aufgezeigt – bei Paypal unter der anderer Zahlungsmethoden, dafür ist sie weiterhin – zumindest auf betterplace.org – das beliebteste Zahlungsmittel. Ein Trend, der sich 2015 noch einmal beschleunigt hat:
Ergänzend ist angemerkt, dass Organisationen, die Sofortüberweisung als Zahlungsmethode anbieten, auch damit sehr gute Erfolge (ca. 20% Nutzung) erzielen.
Auch Dauerspender lassen sich online gewinnen. Im Durchschnitt werden 19% der Online Spender zu Dauerspendern. Am häufigsten wählen sie eine monatliche Dauerspende aus:
Die durchschnittliche monatliche Dauerspende beträgt dabei 22 EUR , bei der jährlichen Dauerspende sind es im Durchschnitt 83 EUR.
Doch woher kommen die Besucher der NGO-Webseiten? Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die direkte Eingabe der URL als auch Suchmaschinen wichtigste Quellen sind:
Gleichwohl lassen sich auch bei den Webseiten-Besuchern Unterschiede bei der Herkunft in Bezug zur Größe der Organisation feststellen. Während große Organisationen (über 1 Mio EUR Spendenvolumen pro Jahr) besonders viel Traffic über Suchmaschinen erhalten, sind bei sehr kleinen NGOs (bis 10.000 EUR Spendenvolumen pro Jahr) insbesondere die Kanäle Direkteingabe und Social Media am erfolgreichsten.
Entscheidend bleibt über alle Kanäle wie viele Menschen tatsächlich auch zu Spendern werden. Die Conversion Rate auf dem jeweiligen Standard-Spendenformular der Organisationen zeigt große Unterschiede auf. Der Median-Wert liegt bei 7,7% und damit relativ niedrig. Hier liegt offensichtliches Optimierungs-Potential. Der Durchschnitt hingegen weist 19% aus und befindet sich damit im erwartbaren Bereich:
Die Conversion rate auf mobilen Endgeräten ist weiterhin deutlich schlechter als auf dem Desktop-PC. Gleichzeitig nimmt die mobile Nutzung weiterhin zu. Bei betterplace.org sind es kumuliert im 1. Quartal 2016 bereits fast 40% (sonstige umfasst insbesondere Tablets):
Stellt sich desweiteren die Frage, wer eigentlich die Menschen sind, die online spenden wollen. Nicht überraschend ist dies insbesondere die jüngere Generation der 25 bis 34jährigen. Doch auch die Gruppen zwischen 35 und 44 bzw. 45 bis 54 Jahre sind inzwischen stark vertreten. Vom Spendenvolumen her liegen sie bereits vorne:
Übrigens liegen bei den Besuchern die Damen mit rund 60% Anteil vor den Männern, beim Spendenvolumen hingegen dreht sich das Bild: die wenigeren Männer spenden mehr.
Aufschlussreich sind auch die Spendentage. Im Jahr 2015 lag der Mittwoch als erfolgreichster Tag knapp vor dem Dienstag. Weit abgeschlagen ist weiterhin das Wochenende:
Die Uhrzeiten, zu denen am stärksten gespendet wird, sind vormittags zwischen 10 und 11.59 Uhr sowie abends zwischen 20 und 21.59 Uhr :
Fazit:
Zahlen alleine geben noch keine Handlungshinweise. Auf Grundlage der hier aufgezeigten Metriken kann jedoch jedeR FundraiserIn die eigenen Zahlen überprüfen und in Verhältnis setzen. Gleichzeitig lassen einzelne Parameter Rückschlüsse auf das Spendenverhalten im Internet in Deutschland zu. Daraus lassen sich sowohl Zielgruppen-Cluster als auch Kommunikations-Pläne entwickeln. Als Fundraiser muss ich mich zum Beispiel fragen, ob meine Mailings die Menschen zum richtigen Zeitpunkt erreichen und ob meine Kanäle auf die genutzten Geräte abgestimmt sind. Ich wünsche viel Spaß beim Daten analysieren und experimentieren!