Social Media für Haiti

Joana Breidenbach
15.01.2010

rc tweet

Seit der Katastrophe in Haiti zwitschert mein twitter account (eingestellt u.a. auf das Suchwort “betterplace”) ohne Unterlass: namhafte Organisationen sammeln über uns Gelder für ihre Aktionen und unzählige Twitterer rufen zu Online- und SMS-Spenden über betterplace.org auf. Zugleich nutzen viele Hilfsorganisationen wie Aktion Deutschland Hilft, die Welthungerhilfe oder Unicef ihre eigenen Facebook-Seiten und Twitterkonten um Unterstützung zu mobilisieren.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass noch nie so viel, so schnell für eine Nothilfeaktion eingesammelt werden konnte, wie für die Opfer des Erdbebens im Osten von Hispaniola. So kamen alleine in den USA in den ersten eineinhalb Tagen über 7 Millionen US$ Spendengelder alleine über SMS-Spenden zusammen.

Doch Technologie ermöglicht uns nicht nur schneller und mehr zu geben, sondern sie verändert auch unsere Wahrnehmungen und Erwartungen bezüglich sozialer Hilfsleistungen, sowie unsere Möglichkeiten auf Katastrophen zu reagieren. Wie Lucy Bernholz schreibt:

Part of what moves people to give to disaster relief in other places are the heartwrenching images of devastation and pain. Which we can see on TV, on our computers, on our mobile phones. But we can also use these tools to transmit data that are themselves helpful. Within hours of the quake there were several open access data sites sharing streetmaps of Port-Au-Prince, Google made new satellite imagery available, and wikis were set up to help coordinate both recovery efforts and share information with, from and for those looking for loved ones. (…)

Dieser schnelle und direkte Zugang zu Informationen verändert unsere Wahrnehmung und kann enormen Druck ausüben: Als es in der social media Gemeinde rumorte, dass ein großer Teil der gerade per SMS gespendeten Gelder nicht zu den Hilfsorganisationen fließen würde, sondern in die Bereitstellungsgebühren der Mobiltelefonkonzerne, wurde auf twitter lauthals protestiert - mit der Folge, dass wenige Stunden später alle großen amerikanischen Telefonanbieter verkündeten, sie würden die Gebühren erlassen und alle Gelder den Organisationen zugute kommen lassen.

Die neuen Technologien werden auch auf humanitäre Organisationen einen noch nie da gewesenen Druck und Kontrolle ausüben. Konnten sie in der Vergangenheit fernab von ihren Spendern weitgehend unbeobachtet ihre Arbeit leisten, können heute Menschen vor Ort, Einheimische ebenso wie Besucher, die Rettungs- und Aufbauarbeiten in Echtzeit verfolgen und weltweit verbreiten, auf Erfolge ebenso wie auf Mißstände und Unterlassungen aufmerksam machen. Bin ich zu optimistisch, wenn ich mir vorstelle, dass diese Transparenz auch zu mehr Rechenschaft und damit zu besserer Hilfe führen wird?