The People Formerly Known as the Donors

Joana Breidenbach
26.07.2009

Teil 2 der Lektüre von Jeff Jarvis What Would Google Do? Teil 1

Jarvis zitiert den Journalismusprofessor Jay Rosen, der von „the people formaly known as the audience” spricht. Standen in der alten Welt der Printmedien, des Radios und TVs eine Reihe von Produzenten einer großen Masse – den Lesern, Zuhörern und Zuschauern – gegenüber, so lösen sich diese Fronten gerade auf und eine weitgehend passive Rezipientenmasse gehört der Vergangenheit an. Nachrichten, Wissen, Unterhaltung werden kollaborativ – sie entstehen im Dialog zwischen Produzenten und Konsumenten. Sie sind interaktiv und werden von den Konsumenten mitgestaltet.

Von Spendern zu Mitgestaltern

Genau das gleiche Phänomen werden wir in der Welt des sozialen Engagements erleben: Aus Spendern werden Dialogpartner und Mitgestalter. Indem Moment, wo die Möglichkeit besteht sich auf einfache Art und Weise einzubringen – z. B. mit seinem Know How, werden soziale Organisationen immer mehr in den Dialog treten und kollaborative Strategien entwickeln (müssen).

Ein kleines Beispiel aus dem eigenen Haus: Vor einiger Zeit stieß ich (Joana) auf ein Malaria-Präventionsprojekt auf betterplace, welches mir gut gefiel und das ich bespendete. Allerdings interessierte mich woher die Mückennetze stammten, die die Hilfsorganisation mit meiner Spende in einem westafrikanischen Land verteilen wollte. Ich wußte von einer hoch effizienten, sozial engagierten Firma in Tansania A-Z Textiles, die in großem Maßstab Insektizidimprägnierte Netze vertreibt. Da eines der Hauptkriterien für nachhaltige Entwicklung die Stärkung lokaler Unternehmen und die Schaffung lokaler Arbeitsplätze ist, empfinde ich es als wesentlich sinnvoller, wenn die Hilfsorganisation ihre Netze nicht bei einer europäischen Firma bestellt, sondern bei einem lokalen, afrikanischen Unternehmen.

In der Offline-Welt wäre es mir zu mühsam gewesen, diesem Thema nachzugehen. Ich hätte einen Brief schreiben, den richtigen Adressaten in der Hilfsorganisation ausfindig machen, einen Briefumschlag frankieren und zum Briefkasten bringen müssen. Viel zu viel Aufwand für mein ohnehin atemloses Leben. Doch auf betterplace war die Projektverantwortliche nur einen Klick entfernt und ich konnte meine Frage – verbunden mit einem Vorschlag – ganz einfach stellen. Nach nur wenigen Tagen hatte ich von der Organisation eine Antwort bekommen, die mich zwar nicht vollständig in meiner Spende bestätigte (die Netze werden nicht in Afrika produziert), jedoch den Eindruck erweckte, als sei ich gehört worden und man werde meinem Vorschlag nachgehen.

Stellen Sie sich jetzt noch mal vor, die Organisation das Thema wirklich ernsthaft verfolgen und mich darüber auf dem Laufenden halten! Sie hätte nicht nur eine völlig begeisterte Spenderin gewonnen, die auch weitere Projekte der Organisation unterstützt und in ihrem Bekanntenkreis für diese wirbt. Es wäre auch gemeinschaftlich eine – so meine ich - entwicklungspolitisch bessere Lösung zustande kommen.

Wer sich öffnet gewinnt

Der kritischen Fundraising-Literatur, u.a. Alexander Glücks Der Spendenkomplex kann man entnehmen, dass Organisationen Spender sehr oft auf „Datensätze“ reduzieren, von denen sie Geld in Empfang nehmen. Dabei haben so viele Menschen so viele gute Ideen und Zugang zu sehr spezifischen Informationen – was wäre, wenn sie dieses punktgenau und einfach den Hilfsorganisationen zur Verfügung stellen könnten? Und wenn diese Organisationen sich ihren Unterstützern wirklich öffnen würden? Wenn aus Spendern Mitgestalter werden?

Unsere Vorhersage nach der Lektüre von What Would Google Do? - Die Organisationen und Initiativen, die ihre Unterstützer wirklich ernst nehmen und mit ihnen zusammenarbeitet, werden diejenigen sein, die im Internetzeitalter überleben und florieren.