Unsere aktuelle Pressemitteilung: Weltverbessern à la Web 2.0 – Warum die Zukunft des Spendens im Internet stattfindet

Moritz Eckert
04.12.2009

Täglich werden auf der Videoplattform YouTube mehr als eine Milliarde Videos angeschaut. Die gedruckte Encyclopedia Britannica umfasst in ihrer aktuellen Ausgabe 65.000 Artikel – die englischsprachige Ausgabe der Internetseite Wikipedia mit ihren 3,1 Millionen Artikeln beinahe 50 Mal so viel. Und wäre das Soziale Netzwerk Facebook mit seinen über 300 Millionen Mitgliedern ein Staat, würde es mit den USA um den Titel des drittgrößten Landes der Erde ringen. Es ist unbestreitbar: Das Internet ist auf dem Vormarsch. Kein Wunder, dass auch immer mehr Spender ihre Spende online tätigen – besonders während der Weihnachtszeit.

„Das Internet ist ideal, um Menschen und ihr Wissen weltweit zu verbinden. Es bietet exakt das, wonach Spender heutzutage suchen: Mehr Transparenz über die Verwendung ihres Geldes und direkten Austausch mit jenen, denen die Spende zugute kommt“, so Till Behnke, Mitgründer und Geschäftsführer der gemeinnützigen Internetplattform betterplace.org. Mit mehr als 20.000 Mitgliedern und über einer Million Euro generiertem Spendenvolumen ist betterplace.org Deutschlands größte Spenden-Community. Wie Behnke erklärt, geht dabei der Großteil der Spenden nicht vom „klassischen Spender über 60 Jahre“, sondern von Menschen unter 40 ein, also von einer deutlich jüngeren und von den klassischen Hilfsorganisationen kaum erschlossenen Zielgruppe.

Jüngere Spender, besser Vergleichsmöglichkeiten der Projekte, schnelleres Feedback

Für den sozialen Sektor ist am Internet aber nicht nur der Zugang zu neuen Zielgruppen reizvoll. Die Vorteile des Online-Spendes sind vielfältig. Ähnlich wie bei YouTube oder eBay findet man im Internet einfacher und schneller, was man sucht: So lassen sich beispielsweise auf betterplace.org gezielt Hilfsprojekte nach einer Region oder einem Thema filtern. Geld, Sachspende oder freiwillige Mitarbeit kann man anschließend – je nach Wunsch und persönlichen Interessen – ganz gezielt einem Kinderheim in Berlin oder einer Kooperative, die in Honduras Solaranlagen baut, zugute kommen lassen. Ist man sich dabei nicht sicher, ob das Projekt wirklich so gut arbeitet, wie es scheint, ermöglichen es die Kommunikationsmöglichkeiten des Internets, vorher bei den Projektverantwortlichen über den aktuellen Stand des Projekts Auskunft zu erhalten. Oder man schaut sich die öffentlich zugänglichen Projektbewertungen der anderen Community-Mitglieder an – viele davon haben einmal selbst vor Ort am Projekt mitgearbeitet. Hat man ein Projekt gefunden, das man unterstützen möchte, kommt die Multimedialität des Netzes zum Tragen: Per Video, Fotoberichten oder geschriebenen Blogartikeln erhält der Spender Rückmeldung über den Fortschritt „seines“ Projekts. Was wiederum andere Mitglieder motivieren kann, das Projekt ebenfalls zu unterstützen. „Bisher war das Spenden meist eine Einbahnstraße – wir wollen es zum Kreisverkehr machen“, so Behnke.

Fundraising-Kosten online senken

Gleichzeitig trägt das Internet dazu bei, die häufig als zu hoch beklagten Fundraising-Kosten der klassischen Hilfsorganisationen zu senken. Stephanie Sczuka, Fundraisierin bei Action Medeor, sagt: „Die konventionelle Neu-Akquise eines Spenders kostet action medeor zwischen 70 und 90 Euro. Für unsere Projekte sind über betterplace.org in kurzer Zeit 15.000 Euro zusammengekommen. Allein die Akquise dieser neuen Spender hätte uns auf konventionellem Wege rund 17.000 Euro gekostet.“ Natürlich bleibe aber noch abzuwarten, wie sich die Spendertreue über die kostenlose Plattform entwickelt, so Sczuka weiter.

Neben den großen Hilfsorganisationen ist das Internet aber insbesondere auch für unzählige kleine Initiativen eine Chance, ihre Arbeit bekannt zu machen. Diese Projekte vor Ort, die bisher häufig keinerlei Öffentlichkeit hatten, haben dank des Internets erstmals die Möglichkeit, weltweit um Unterstützung zu werben. Im Falle von betterplace.org können dies auch Projekte und Organisationen tun, die im Ausland ihren Sitz haben und daher vom deutschen Finanzamt nicht als gemeinnützig anerkannt werden können, oder die zu klein sind, als dass sich der Aufwand für den Erwerb eines Spendensiegels lohnen würde. Um ein Projekt auf betterplace.org vorstellen zu können, gilt: Die gute Absicht genügt. Denn das Berliner Start-up um den 30-jährigen Behnke kontrolliert die vorgestellten Projekte nicht.

Diese Offenheit ruft natürlich auch Kritik hervor. So hält Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, Herausgeber des DZI Spendensiegels, den freien Zugang zu betterplace.org für „gewagt“. Im Berliner Tagesspiegel sagt er, die Kommentatoren im Betterplace-Netz könnten lügen und mit bildreichem Aufwand vortäuschen, afrikanischen Kindern zu helfen, während sie das Geld für eigene Zwecke nutzen.

Behnke widerspricht: „Selbstverständlich können wir nicht jedes Projekt auf der Welt kontrollieren – das kann niemand. So ehrlich muss jeder sein, der im sozialen Sektor arbeitet. Aber wir können neben den bekannten Vertrauensmechanismen, wie das DZI Spendensiegel oder die Annerkennung der Gemeinnützigkeit durchs Finanzamt, die wir beide auch auf unserer Plattform anzeigen, eine bisher übersehene Dimension hinzufügen: Den einzelnen Menschen und seine positiven – oder auch negativen – Bewertungen, Reiseberichte und Kommentare.“ Wikipedia diene dabei als positives Beispiel, so Behnke weiter, ebenso wie die Bewertungen von Dienstleistungen oder Produkten in anderen Gemeinschaften des Web 2.0. „Diese ‚Schwarmintelligenz’ ist als eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen Vertrauensmechanismen zu sehen. Wir trauen den Menschen und der engagierten Gemeinschaft zu, kompetent über Spenden zu entscheiden, wenn sie die nötigen Informationen vorfinden.“ Niemand auf betterplace.org spende an zwielichtige Projekte, die ein, zwei vermeintlich positive Bewertungen hätten.

Bereits überzeugt: Ashoka und Prof. Eigen, Gründer von Transparency International

Behnke und sein Team sind mit diesem Urteil nicht alleine. Das Konzept von betterplace.org findet mehr und mehr Fürsprecher – auch prominente. Neben Ashoka, der weltweit größten Organisation für Social Entrepreneurs, gehört auch Prof. Dr. Peter Eigen zu den Unterstützern des zwei Jahre alten Portals. „Die bisherige Form der weltweiten Hilfe bedarf der Erneuerung. Sie muss transparent, partizipativ und unmittelbar sein – so wie betterplace.org“, erklärt der Gründer von Transparency International, einer der weltweit renommiertesten Organisationen im Kampf gegen die Korruption, die bekanntlich eines der größten Probleme der Entwicklungszusammenarbeit darstellt. Dabei hat Eigen, wie er sagt, bisher weder je einen Wikipedia-Artikel gelesen, noch sich als Mitglied bei Facebook angemeldet. Nur ein paar Videos auf YouTube habe er sich schon mal angesehen. Eines davon über ein Projekt auf www.betterplace.org.