Warum ist Afrika unterentwickelt?

Joana Breidenbach
13.12.2007

Theorien, warum der afrikanische Kontinent das Schlusslicht wirtschaftlicher, gesundheitlicher und anderer Ranglisten ist, gibt es viele. Belief sich 2000 das durchschnittliche pro Kopf Einkommen in Afrika auf 1800 US$, so lag es im weltweiten Durchschnitt bei 8800 US$, nirgendwo sonst ist die Lebenserwartung so gering und die Analphabetenrate so hoch. Und das obwohl seit den frühen 1950er Jahren US$ 568 Milliarden Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen sind.

In einem neuen Artikel (via 3 quarks daily - einem meiner Lieblingsblogs) argumentiert der Wirtschaftswissenschaftler Nathan Nunn, die Sklaverei sei maßgeblich schuld. Ohne den transatlantischen Sklavenhandel würde 72% der Einkommenskluft zwischen Afrika und dem Rest der Welt nicht existieren. Nunn zufolge war Sklaverei insbesondere in den zwischen 1400-1900 im weitesten entwickelten Regionen Afrikas verbreitet, die heute jedoch zu den ärmsten zählen. Sklavenhandel führte zu politischer Instabilität, schwachen Staaten, ethnischer und politischer Fragmentierung und einer Schwächung der rechtlichen Institutionen.

Nun sind „One Big Thing“ Theorien immer fragwürdig. Und deshalb schiebe ich noch eine, (unter vielen anderen) Erklärungsansätzen, hinterher: Zahlreiche Anthropologen sehen einen kulturellen Faktor als wesentlich für Afrikas Unterentwicklung: die ausgeprägte egalitäre Tendenz vieler afrikanischer Gesellschaften:

Wenn ein junger Südafrikaner den gestampften Lehmboden seiner Hütte nicht mit Beton ausgießt, obwohl er dies gerne möchte und finanziell könnte, dann ist das nämlich kein Zeichen von Faulheit, sondern hängt damit zusammen, dass die Dorfgemeinschaft jeden Ausdruck individuellen Wohlstands als Bedrohung der engen, reziproken Beziehungen untereinander ansieht und Furcht hat, reichere Individuen könnten sich aus den Sicherheitsnetzen ausklinken und das fundamentale Gefühl der Geborgenheit im Dorf zerstören.

Menschen, die erfolgreich sind und ihren Wohlstand nicht mit ihren Verwandten und Freunden teilen, kommen schnell in den Ruf sich übernatürlicher Mächte zu bedienen, d.h. sie werden als Hexer verschrieben oder selbst mit Hexerei um die Ecke gebracht. Wer sich für dieses Thema interessiert, kann meine alte brand eins Kolumne lesen oder aber diesen Artikel über Hexereiforschungen des Schweizer Ethnologen David Signer (via antropologi).