Was sind die Erfolgsfaktoren für Flüchtlingsprojekte? Die "Willkommenskultour" findet es heraus

Leonie Gehrke
24.08.2015

**Warum ist es eine Ausnahme, dass Geflüchtete an der Uni von Osnabrück unbürokratisch Vorlesungen besuchen können? Warum leben Berliner Studierende mit Flüchtlingen in einer Wohnung, wo andere noch nicht mal ein Stadtviertel teilen wollen? **

Und wie können diese erfolgreichen Projekte Modelle für politisch umgesetzte Willkommenskultur in Deutschland werden?” Um diese Frage zu beantworten, starten Jil und Sebastian diese Woche Ihre Willkommenskultour - eine Reise quer durch Deutschland, zu verschiedenen Flüchtlingsprojekten in der Republik. Jeder der Lust hat, das Projekt ehrenamtlich zu unterstützen, ist eingeladen, das Team an einer der Stationen zu begleiten. Und zwar per Stift, Mikrofon, Video oder Kamera. So entsteht eine crossmediale Dokumentation der Willkommenskultour, für deren Durchführung derzeit Spenden auf betterplace.org gesammelt werden. Hier spricht Jil über Motivation und Hintergrund der Tour und verrät, worauf sie sich am meisten freut.

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Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?
Das war kurz vor Weihnachten. Damals prägten Horrorszenarien von Menschen auf der Flucht die Nachrichten und Stammtische. Mittlerweile berichten die Medien immer stärker auch von kleinen Projekten, die ein wenig optimistisch stimmen können. Menschen, die Geflüchtete bei sich aufnehmen, Schulprojekte und neu gegründete Initiativen für geflüchtete Menschen. Wenn wir anfangs geplant haben, loszufahren, um in all den schlechten Nachrichten gute Beispiele für das Gelingen einer gelebten Willkommenskultur zu finden, geht es uns nun ganz speziell darum, genau diese Ideen näher zu betrachten. Warum gelingen sie und andere nicht?

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Glaubst Du an eine Willkommenskultur in Deutschland?
Ja, natürlich! Sonst würde ich nicht losfahren! Ich glaube bloß, dass man “Willkommen!” leiser sagt als “Weg da!” und dass wir deswegen häufiger letzteres hören. Ein brennendes Flüchtlingsheim bleibt mehr in Erinnerung als ein Nachbarschaftsfest mit Geflüchteten. Das ist auch gut so - bloß glaube ich, dass man mehr hingucken muss, um Willkommenskultur zu sehen. Wir wollen sie also sichtbar machen.

Wonach habt Ihr die Projekte ausgesucht?
Wir wollen Projekte zeigen, die auf einer kleinen Ebene funktionieren, aber auch Modellcharakter haben. Das können Projekte sein, die strukturell etwas besonders gut machen - zum Beispiel in Weinheim, wo Initiativen, Politik und Anwohner zusammen gearbeitet haben um die Frage zu beantworten, wie man Geflüchtete gut unterbringen kann.

Worauf freust Du Dich am meisten?
Ich freue mich am meisten darauf, an der ersten Station angekommen zu sein und etwas zu sehen, das funktioniert. Und weil ich Leute kennenlerne, die wie ich daran glauben, dass es möglich ist, in Deutschland Willkommenskultur zu leben.

Sachsen ist momentan gehäuft Schauplatz von Übergriffen gegenüber Flüchtlingen. Welche Projekte schaut Ihr Euch hier an?
Wir wollen kleine Initiativen begleiten, die zum Beispiel in Orte wie Freital oder Heidenau fahren, um die Flüchtlingsheime dort zu beschützen. Wir wollen gucken, wieso Menschen extra in einen anderen Ort fahren, um sich für Menschen einzusetzen, mit denen sie keine unmittelbare Nachbarschaft teilen.

Was erhoffst Du Dir von Eurer Tour?
Ganz viel Inspiration für den Abschnitt „positives Denken“ in meinem Gehirn. Und nach Hause fahren und sagen zu können: Es funktioniert, ich habe es selber gesehen. Und das auch für andere sichtbar zu machen.

Wie macht Ihr auf den Spendenaufruf auf betterplace.org aufmerksam?
Natürlich ganz viel auf Facebook - geht ja nicht mehr anders - und auf unserer Homepage. Außerdem versenden wir Postkarten.

Habt Ihr schon genügend Redaktions-Teams?
Wir können immer noch Unterstützung gebrauchen! Wir sind aber optimistisch: Die Jugendpresse Deutschland ist gut vernetzt und es gibt in allen Bundesländern fähige Medienschaffende, die uns sicher gern mit ihrer Tatkraft unterstützen.

Und was ist Dir zum Schluss besonders wichtig?
Wir glauben, dass junge Menschen ohne eine große Organisation und ohne einen riesigen Haufen Geld eine ganze Menge bewegen können. Das wollen wir zeigen. Und deswegen fordern wir dazu auf, unsere Tour zu unterstützen. Das kann ein gespendeter Kilometer auf betterplace.org sein, das kann aber auch sein, uns ein kleines Video zu widmen und so auf die Willkommenskultour aufmerksam zu machen.

Wer das Projekt mit Spenden unterstützen möchte, besucht die Projektseite.