Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. / SchlaU
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Über uns
Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. hat SchlaU (schulanaloger Unterricht für junge Flüchtlinge) im Jahr 2000 ins Leben gerufen. Seit 2004 ist die SchlaU-Schule vom Bayerischen Kultusministerium als staatliche Ergänzungsschule anerkannt. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, jungen Flüchtlingen ein nachhaltiges schulanaloges Unterrichtsangebot anzubieten, um ihnen ihr Menschenrecht auf Bildung zu ermöglichen und aktiv an der Gesellschaft teilhaben zu können. Seit ihrer Gründung durchläuft die SchlaU-Schule einen stetigen Wachstums- und Entwicklungsprozess. So werden im Schuljahr 2016/2017 300 Schülerinnen und Schüler in 20 Klassen im Kernfächerkanon der bayerischen Hauptschule unterrichtet (Klassenstufen 1 bis 9, analog zur Hauptschule). Im Unterschied zur Regelschule setzt das Konzept von SchlaU jedoch auf geringe Klassenstärken, mit einem Höchstmaß von 15 Lernenden pro Klasse. Denn die unterschiedlichen Lebenswege und damit auch Lernerbiografien machen eine höchstmögliche individuelle Betreuung auch während der Unterrichtszeit unabdingbar.
Als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) werden im gesellschaftlichen Diskurs Jugendliche unter 18 Jahren bezeichnet, die ohne Eltern oder andere Personenberechtigte in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Nach Angaben des Bundesfachverbandes Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e. V. lebten 2016 circa 67.000 Minderjährige mit einer Duldung in der Bundesrepublik Deutschland.
Aufgrund ihrer Biografien sind die meisten Jugendlichen zutiefst traumatisiert. Orientierungs-losigkeit und Zukunftsängste beherrschen ihre Alltage. Ihre Hoffnung, in Europa Halt zu finden und ihr Leben ordnen zu können, wird zunächst meist bitter enttäuscht. Das Recht auf Bildung beispielsweise wird in vielen Fällen verweigert. Denn eine Einschulung in das Regelschul-system ist lediglich im Rahmen des gesetzlich festgelegten schulpflichtigen Alters möglich. Jugendliche älteren Jahrgangs bleiben meist sich selbst überlassen. Damit wird das Potenzial, das in den jungen Menschen steckt, von der Gesellschaft verkannt und vom Staat sogar behindert. Doch jeder Tag, den die Jugendlichen sprach- und orientierungslos in Deutschland auf der Straße oder in den Aufnahmelagern verbleiben, befördert so genannte Negativkarrieren und belastet sowohl die Jugendlichen als auch deren soziales Umfeld.
Die Problematik der systemischen Lücke „Bildung für junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21 Jahren“ wurde bislang in den einzelnen Bundesländern nur wenig bis gar nicht thematisiert. Kommunal finanzierte Integrationskurse bieten nur bedingt eine adäquate und zielführende Betreuung der Lernenden, erfolgreiche Bildungsangebote verbleiben meist bei freien Trägern oder ehrenamtlichen Initiativen. Eine Studie aus Hamburg, zur Bildungssituation junger Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern, aus dem Jahr 2003 zeigt hierzu deutlich, dass nonformale Angebote deutlich flexibler auf ihre Lernerklientel reagieren können, allerdings werden Abschlüsse zumeist nur in Form von Sprachzertifikaten erlangt. Ein umfassendes Schulangebot in diesem Bildungssektor, das staatlich anerkannte Bildungsabschlüsse beinhaltet, existierte bis zur Gründung der SchlaU-Schule weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern.
Unsere VISION ist es, in Deutschland angekommenen jugendlichen Flüchtlingen die Teilhabe an Bildung und Gesellschaft zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, möchten wir unser Konzept des schulanalogen Unterrichts an möglichst vielen Standorten deutschlandweit als erfolgreiches und nachahmbares Modell für gelebte nationale Bildungspolitik und internationale Entwicklungs-politik umsetzen. Schule verstehen wir dabei als Raum des gemeinsamen Lernens, der Persönlichkeitsentwicklung fördert und Zukunftschancen eröffnet.
Mit dem Konzept des schulanalogen Unterrichts wurde erstmals europaweit ein ganzheitliches Beschulungskonzept entwickelt, dass der oben formulierten Problemlage entgegenwirkt. Denn das Recht auf Schule und Bildung ist in der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Dieser entspricht das Angebot der SchlaU-Schule seit ihren Anfängen ohne Einschränkungen, obwohl die Bundesrepublik Deutschland die Konvention bis 2010 nur unter Vorbehalt ratifizierte. Diesen Vorbehalt entkräftete die Konvention in allen Fällen, in denen das nationale Asyl- oder Aufenthaltsrecht Einschränkungen gegenüber nicht aufenthaltsberechtigten Kindern und Jugendlichen vorsieht. Das beständige Engagement nicht nur der SchlaU-Schule, sondern der gesamten deutschlandweiten Flüchtlingsszene führte jedoch bereits in Teilen zu einem Umdenken in den politischen Reihen und zu einer vollständigen Annahme der Konvention. Im Herbst 2012 hat das Bundesland Bayern nach einem Besuch des Kultusministers Ludwig Spaenle bei SchlaU die Berufsschulpflicht für junge Flüchtlinge eingeführt. Diese muss ab sofort flächendeckend gewährleistet sein. Nicht zuletzt stehen diese Veränderungen aber auch im Zeichen des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels der deutschen Gesellschaft sowie im Zeichen der Herausforderungen einer globalisierten Gesellschaft. Mehrsprachigkeit, interkulturelle Versiertheit und ein hohes Maß an Eigenmotivation werden hier zu wesentlichen Schlüsselqualifikationen, die ebenjene jungen Menschen mitbringen.
Bildung vermitteln – nachhaltig fördern:
Der durchschnittliche Schulbesuch bei SchlaU erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren je nach Vorbildung und individuellem Kenntnisstand der deutschen Sprache. Vor Aufnahme des Unterrichtes wird ein einheitlicher Einstufungstest durchgeführt, um in die jeweils passende Klassen einzustufen. Im schulanalogen Unterricht wird zunächst grob in Unter-, Mittel-und Oberstufe aufgeteilt und anschließend in die Klassen 1 bis 9 analog zur bayerischen Haupt-schule gegliedert. In der Unterstufe liegt das Hauptaugenmerk auf der Alphabetisierung, der Deutschen Sprache mündlich und schriftlich, erster Orientierung in Deutschland und einfacher Mathematik. In der Mittelstufe intensivieren sich die Inhalte in Deutsch und Mathematik, zusätzlich kommen berufliche Orientierung und Fachlehre hinzu. In der Oberstufe wird intensiv auf die beiden Abschlussarten Erfolgreicher Hauptschulabschluss (HASA) und Qualifizierender Hauptschaulabschluss (QUALI) hingearbeitet, die zum Ende der 9. Klasse an einer externen bayrischen Regelschule abgelegt werden. Je nach Art des Abschluss teilt sich der Fächerkanon in den Abschlussklassen. Für den Erfolgreichen Hauptschulabschluss werden die Fächer um GSE, (Geschichte, Sozialkunde, Erdkunde) und AWT (Arbeit, Wirtschaft, Technik) ergänzt und für den Qualifizierenden Hauptschulabschluss zusätzlich noch Ethik, Englisch und einen Projekt-bezogenen Kurs, der in der Abschlussprüfung extra bewertet wird. Ein besonderes Merkmal des schulanalogen Unterrichts ist die Möglichkeit des unterjährigen Wechsels in höhere Klassenstufen, an der jeweiligen Entwicklung des Einzelnen angepasst. Dies gewährleistet eine bestmögliche individuelle Förderung und Motivation und wirkt einer möglicherweise entstehen-den schulischen Unterforderung entgegen.
Derzeit werden bei SchlaU zwei Abschlussklassen für den Erfolgreichen Hauptschulabschluss und zwei für den Qualifizierenden Hauptschulabschluss angeboten. Neben den Prüfungs-fächern steht vor allem die Vermittlung in Ausbildungsberufe oder weiterführende Bildungs-angebote, wie zum Beispiel dem Mittleren Schulabschluss im Vordergrund. Dies geschieht durch individuell ausgesuchte Pflichtpraktika in möglichen Ausbildungsbetrieben und einer beruflichen Orientierungswoche, in der verschiedene Berufsgruppen genauer beleuchtet werden und Bewerbungstrainings stattfinden. Ziel ist, direkt im Anschluss an die Schulabschlüsse eine nachhaltige Perspektive aufzubauen und die Integration in den Arbeitsmarkt möglich zu machen. Die Betreuung durch SchlaU ist nach den Hauptschulabschlüssen und der Aufnahme in die Berufs- oder Mittelschulen jedoch nicht automatisch beendet. Während der weiterführenden beruflichen oder schulischen Ausbildung übernimmt „SchlaUzubi“ die Betreuung nachhaltig. Haupt- und Ehrenamtliche bieten schulische Nachbetreuung in den einzelnen Berufssparten an, damit ein erfolgreiches Bestehen der Abschlüsse auf den Berufsschulen gewährleistet werden kann. Auch die psychosoziale Betreuung, wie zum Beispiel Beratung in ausländerrechtlichen Fragen und bei Behördengängen wird weiterhin angeboten. Auch die Pflege des Netzwerkes zwischen den Auszubildenden, der Berufsschule und dem Ausbildungsbetrieb wird durch „SchlaU Übergang Schule-Beruf“ intensiv gepflegt. Besonders wertvoll zeigt sich außerdem der Kontakt der Alumni zu aktuellen Schülerinnen und Schülern, die oftmals eine Anlaufstelle für Fragen und Probleme bieten.
Menschen aufbauen – Leben ermöglichen:
Viele Schülerinnen und Schüler in SchlaU haben einen langen, oft traumatisierenden Weg hinter sich, bevor sie das erste Mal in einem unserer Klassenzimmer sitzen. Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Zusammenarbeit mit den Jugendlichen ist daher oft die intensive psychosoziale Betreuung, um eine Basis für die gemeinsame Arbeit zu schaffen. Geregelte Alltage, klare Regeln und vertrauensvolle Gespräche bieten eine sichere Grundlage, um sich in dem neuen Lebensabschnitt zurechtzufinden. Der Lebensalltag der Schülerinnen und Schüler ist durch Behördengänge in einer ihnen noch nicht geläufigen Sprache, den unsicheren Aufenthaltsstatus und weiteren Repressionen geprägt. Wir legen daher neben einem verständnisvollen Lehrendenteam besonderen Wert auf ein starkes sozialpädagogisches Team, das eng mit den Vormündern, Betreuenden, PsychologInnen der Jugendlichen zusammenarbeitet. Unterstützt wird diese Arbeit zusätzlich durch ein dichtes Netzwerk an haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in Einzelbetreuung und Nachhilfe. Der ganzheitliche Ansatz von SchlaU reicht damit weit über die reine Vermittlung schulischen Wissens hinaus. Wir sind SchlaU! Dieses Gefühl trägt den schulischen Alltag. Es wird gefördert durch außerschulische Gemeinschaftsaktivitäten, wie Lerncamps oder künstlerische Projekte aller Art. Nicht selten wird SchlaU für SchülerInnen, aber auch Mitarbeitende zu einem Raum, der familienähnliche Züge annimmt. Vertrauen, Respekt und Miteinander werden großgeschrieben. Konflikte werden in der direkten Auseinandersetzung unter professioneller Begleitung gelöst. Unabhängig von den Zukunftsplänen der Jugendlichen, ist es unser Ziel, ihnen den Weg für ein eigenverantwortliches und selbstständiges Leben zu bieten, ob in ihrem Heimatland, in Deutschland oder an anderen Orten der Welt. Wir halten dies für eine äußerst sinnvolle, menschliche und entwicklungspolitische Maßnahme.
Auf dem Weg zur gesellschaftlichen Teilhabe:
Wir sind der Auffassung, dass Bildung einen wesentlichen Schlüssel zur Teilhabe in Gesellschaft darstellt. Um nicht sprachlos in einer Gesellschaft zu verbleiben, ist nicht nur der Schulabschluss ein wesentlicher Baustein, sondern auch eine darauffolgende erfolgreiche Berufsausbildung oder andere weiterbildende Maßnahmen. Das bisherige Berufsschulsystem ist bislang jedoch nicht ausreichend auf die Belange der speziellen Lernergruppe der jungen Flüchtlinge ausgerichtet. Nicht selten verlieren sie hier den Anschluss. Unserer Auffassung nach kann der erfolgreiche Schulabschluss daher nicht das Ende einer „SchlaU-Karriere“ sein. Junge Flüchtlinge tragen einen schweren biografischen Rucksack mit sich und ihre Entwurzlung reicht tief. Mit unserem Nachbetreuungsprogramm SchlaU Übergang Schule-Beruf nehmen wir uns den Problemen unserer Alumni an und stehen ihnen auch auf ihrem weiteren Lebensweg tatkräftig zur Seite. Dazu zählen nicht nur die Vermittlung in einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz und die Betreuung während des Berufsalltages, sondern auch die Zeit in der Berufsschule. Nur so kann unsere Vision nachhaltig umgesetzt werden.
SchlaU zielt darauf ab, über seinen direkten Wirkungskreis hinaus, nachhaltigen Einfluss auf die bildungspolitische Landschaft der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen. Zu diesem Zweck ist die Schule durch verschiedene Vertreterinnen und Vertreter, vor allem aber durch den Schulgründer und Schulleiter Michael Stenger, in verschiedenen klientelspezifischen Gremien vertreten. Dies gilt bundesweit (Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Bundesfachverband UMF; diverse EU-Projekte), landesweit (Kultusministerium; Ministerium für Arbeit und Soziales; Bayerischer Flüchtlingsrat) und auch kommunal (Amt für Wohnen und Migration; Schulreferat; Referat für Arbeit und Wirtschaft; Sozialreferat; städtischer AK „UMF“).
SchlaU-Werkstatt:
Entsprechend unserer Vision, jugendlichen Flüchtlingen deutschlandweit Zugang zu Bildung und Gesellschaft zu ermöglichen, wurde im Januar 2016 die SchlaU-Werkstatt für Migrationspädagogik gegründet. Die SchlaU-Werkstatt agiert in engem mit der SchlaU-Schule sowie dem Nachbetreuungsprogramm SchlaU Übergang Schule-Beruf unter dem Dach des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V. Mit der Gründung der SchlaU-Werkstatt wollen wir unsere Erfahrungen der vergangenen 16 Jahre Bildungsarbeit in der Migrationsgesellschaft und Schulanalogem Unterricht für Junge Flüchtlinge teilen, indem wir aufbauend auf bestehender, aber auch selbst durchgeführter Grundlagenforschung konkrete Problemlösungen erarbeiten.
Mit unserer Arbeit möchten wir in der unmittelbaren pädagogischen Praxis wirken, die Lehrerausbildung ebenso wie die sozialpädagogische und psychologische Ausbildung bereichern und den wissenschaftlichen Diskurs schärfen.
Zu den einzelnen Tätigkeitsbereichen der SchlaU-Werkstatt zählen neben der Forschungsarbeit die Herausgabe einer umfangreichen Unterrichtsmaterialreihe für den Unterricht mit neu zugewanderten Jugendlichen sowie ein umfangreiches, fortschrittliches Fortbildungsangebot.
Auszeichnungen:
In Anerkennung der Leistungen wurde der Schulgründer und Schulleiter Michael Stenger am 05. November 2012 mit der Kerschensteiner-Medaille der Stadt München ausgezeichnet und im 04. November 2016 mit dem Bundesverdienstkreuz. Der Deutsche Engagementpreis 2016 in der Kategorie "Chancen schaffen" ging an die SchlaU-Schule. Für ihre ganzheitliche Beschulung junger Geflüchteter, von der Alphabetisierung bis zum Erfolgreichen Schulabschluss, ist die SchlaU-Schule am 17.01.2017 mit dem Münchner Schulpreis prämiert worden.
Letzte Projektneuigkeit
Wir haben 799,48 € Spendengelder erhalten
Liebe Spenderinnen und liebe Spender,
zum Jahresausklang an dieser Stelle noch einmal vielen herzlichen Dank für Euer Engagement und Eure Treue gegenüber der SchlaU-Schule / Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. und den uns anvertrauten jungen Menschen, denen wir dank Eurer Unterstützung helfen durch Bildung eine Zukunftsperspektive zu erschaffen.
Dies gelingt nun schon seit fast 25 Jahren, wer hätte das gedacht. Und dass viele Jugendliche diese Chance genutzt haben, wissen wir aus den zahlreichen Begegnungen mit ehemaligen SchlaU-Schüler*innen - diese Momente sind beglückend und machen uns durchaus ein wenig stolz über das Erreichte, dieses Glück verdanken sie auch Euch! Macht Euch das einmal bewusst und lasst diese Tatsache wirken. Keineswegs lassen wir jedoch in unserem Bemühen nach, auch weiterhin jungen Menschen einen Weg zur Integration in unsere Gesellschaft aufzuzeigen und sie bei ihren Bemühungen zu unterstützen.
Die Mittel der letzten Spende flossen erneut in den Betrieb der LewoS-Klassen, und hier, ganz konkret in die anteilige Finanzierung des Kunstunterrichts und der Kunstpädagogin.
Das gesamte Team der SchlaU-Schule wünscht Euch ein paar gute und ruhige Feiertage sowie alles erdenklich Gute für das kommende Jahr. Bitte bleibt uns gewogen...
Herzlichen Dank und ebenso herzliche Grüße im Namen aller Schüler*innen und Kolleg*innen
Cem Alexander Sünter
Kontakt
Schertlinstraße 4
81379
München
Deutschland
Cem Alexander Sünter
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