Der Weg einer Kleiderspende
Was brauchen Menschen ohne Obdach zum Überleben? Neben gesundheitlicher Versorgung und Essensangeboten sind auch Kleidung und Schlafsäcke ein wichtiger Schutz für den harten Alltag auf der Straße. Die Kleiderkammer der Berliner Stadtmission ist deshalb das ganze Jahr über für mittellose Menschen geöffnet und versorgt obdachlose Menschen mit geeigneter Kleidung, Schuhen, Hygieneartikeln und Schlafsäcken – alles gespendet von engagierten Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen.
Hinter der Entgegennahme und der Ausgabe dieser Spenden steckt viel Detailarbeit und logistische Planung. Deshalb hat die Berliner Stadtmission ein eigenes Logistikunternehmen gegründet, das diesen Ablauf koordiniert. Heute möchten wir dich mitnehmen und dir zeigen, welchen Weg deine Spende nimmt, bevor sie bei bedürftigen Menschen ankommt.
Station 1: Von den Kleidercontainern zum Textilhafen
Wenn morgens die ersten Sonnenstrahlen auf das Gelände an der Lehrter Straße 68 herabscheinen, leeren Jürgen und Adrian dort bereits die Kleidercontainer. Die beiden gehören zum Transport-Team von Komm & Sieh, dem Inklusionsunternehmen der Berliner Stadtmission. Dort haben 40 Prozent der Festangestellten eine ausgewiesene Schwerbehinderung. Zusammen mit anderen Teams sammeln sie die gespendete Kleidung aus den 29 Containern in Berlin ein und transportieren sie mit zwei LKWs in den Textilhafen.
Station 2: Sortierung im Textilhafen
Im Textilhafen wird jedes Kleidungsstück von Hand begutachtet. Unauffällige Streetwear wie Jogginghosen und Sneaker kommen in Plastikkisten, edle Abendkleider in separate Behälter. Letztere werden in den Secondhand-Läden der Stadtmission verkauft, um Bedürftige zu unterstützen. Leider gibt es auch Kleidung, die nicht mehr brauchbar ist. „Viele denken, wir waschen oder reparieren die Kleidung, aber das wäre zu zeitaufwendig und kostspielig“, erklären Bea Landsbek und Annett Kaplow, die Leiterinnen des Textilhafen. Komm & Sieh muss jährlich über 10.000 Euro für Müllentsorgung ausgeben, da oft unbrauchbare Textilien und Müll in den Containern landen. Nur saubere, intakte Textilien gelangen in die Kleiderkammer oder Kiezläden. Nicht verwertbare Textilien werden teilweise als Kiloware verkauft, eine Gelegenheit für junge Designer:innen und Upcycling-Enthusiasten, Schnäppchen zu finden.
Station 3: Kleidung für das Leben auf der Straße
Montagmorgen an der Lehrter Straße: Pavel, ein obdachloser Tscheche, erhält in der Kleiderkammer passende Sneaker, die seine abgetragenen Schuhe ersetzen. Doch nicht alle der bis zu 180 wartenden Gäste haben so viel Glück. Die Nachfrage ist groß, und der Vorrat an Schlafsäcken und Männerkleidung knapp. Neben der Kleiderkammer hat die Berliner Stadtmission kürzlich die Wäscherei WoM für obdachlose Menschen eröffnet. Viele Gäste haben keine Möglichkeit, ihre Kleidung zu waschen, und betrachten sie als letzten Besitz. Die Wäscherei bietet einen exklusiven Service, der auch Beratungsgespräche umfasst. Diese vertraulichen Gespräche unterstützen die Gäste dabei, ihre Lebenssituation zu verbessern und bieten Entlastung durch freundliche Begleitung.