Das neue Gesetz in der Türkei – wie wir damit umgehen 👉🏼
Inzwischen hat es wohl jeder mitbekommen, trotzdem nochmal in aller Kürze: in der Türkei wurde ein neues Gesetz beschlossen, demnach alle Straßenhunde des Landes eingefangen und in die staatlichen Tierheime gesperrt werden sollen 😞 Aggressive und kranke Hunde sollen getötet werden. Die Kriterien, nach denen entschieden wird, welcher Hund aggressiv oder krank ist, sind nicht bekannt. In staatlichen Tierheimen des Landes zusammen gibt es Plätze für 115.000 Hunde, dem gegenüber stehen schätzungsweise 4 Millionen Straßenhunde 🤔
Schon vor dem neuen Gesetz wurden Hunde in der Türkei getötet, erschlagen, vergiftet, lebendig begraben, es wurde nur verheimlicht. Nun ist es offiziell erlaubt 🤯
In unserer Region haben wir bisher noch nicht beobachtet, dass Hunde eingefangen wurden, aber natürlich machen wir uns große Sorgen um die Straßenhunde. Wir als deutscher Tierschutzverein in der Türkei verurteilen das Gesetz auf das Schärfste, wir sind nicht einverstanden mit der Tötung unschuldiger Lebewesen, zumal Tötungen die Population an Straßenhunden auch nicht wirksam senken werden ‼️ Leider haben wir wenig Einflussmöglichkeiten.
✅ Was wir tun:
Am liebsten würden wir jeden einzelnen retten, aber das ist unmöglich. Um trotzdem zu helfen, haben wir in einer Hundepension 10 Plätze angemietet, denn unser Kitmirhaus ist voll. Diese 10 Plätze haben wir genutzt, um Hunde aus dem Tierheim und Hunde, die auf der Straße keine Chance hätten, zu retten. Ulla und Murat haben bereits 4 Hunde aus einem staatlichen Tierheim geholt: Freya, Beppo, Suki und Ylvi.
Wenn die Hundefänger kommen, sind zutrauliche Hunde besonders gefährdet, denn sie kommen, nichts Böses ahnend, auf die Hundefänger zu und lassen sich einfach mitnehmen 😢 Junge, kleine und zarte Hunde können sich auf der Straße zudem nicht durchsetzen gegen die etablierten Rudel. Wir haben daher auf unseren Berg- und Kastrationstouren 3 Hündinnen mitgenommen: Pandora, Mira und Emma, die zudem schwer verletzt war. Unser eigentlich freilebender Wachhund Mr. Grey ist ebenfalls in die Pension umgezogen, damit er nicht eingefangen wird.
Zumindest für diese 8 geretteten Seelen soll alles gut werden. Diese 8 sind in Sicherheit, sie werden versorgt und bekommen die Chance auf ein eigenes Zuhause, wenn jemand sie will 🏠
Wir haben uns außerdem entschieden, trotz des neuen Gesetzes weiter Straßenhunde zu kastrieren. Wir gehen davon aus, dass gerade in den Bergen nicht alle Hunde eingefangen werden (können), denn viele von ihnen sind scheu. Die meisten verstecken sich tagsüber und man bekommt sie ohnehin nicht zu Gesicht 🫣 Ein Restbestand an Hunden wird in der Freiheit verbleiben, und diese Hunde sollen sich nicht wieder vermehren, denn ihre Welpen würden dann eingefangen werden und im staatlichen Tierheim sterben. Indem wir kastrieren, ersparen wir zukünftigen Generationen von Straßenhunden das Leiden. Kastrationen sind eine zentrale Säule von Tierschutz und es ist die Strategie, für die wir stehen. Wir möchten in der Region Demirtas zeigen, dass durch flächendeckende Kastrationen die Population gesenkt werden kann und Tötungen nicht notwendig sind. Leider lässt sich dabei nicht verhindern, dass auch bereits kastrierte Tiere von den Hundefängern gefangen werden könnten. Dank einer Spende der König-Baudouin-Stiftung ist unsere aktuelle Kastrationskampagne finanziert. Dieses Budget ist zweckgebunden für Kastrationen.
Der Beschluss des neuen Gesetzes hat uns alle schockiert und wirft unsere Tierschutzbemühungen um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurück. Doch es ist für uns kein Grund, aufzugeben. Wir werden weiterhin Tierschutz machen und weiterhin kastrieren.
Wir betrachten es zudem als unsere Aufgabe, aus Deutschland heraus aufmerksam zu machen auf das Leiden, das sich in der Türkei abspielt.
❌ Was wir nicht tun (können):
Beinahe unter jedem unserer Posts lesen wir momentan Kommentare wie: „Den müsst ihr doch mitnehmen“ oder „Den könnt ihr doch nach der Kastra nicht einfach wieder aussetzen!“
Wer einmal bei uns vor Ort war und sich ein eigenes Bild gemacht hat, entwickelt ein umfassenderes Verständnis für Tierschutz in der Türkei und versteht auch, wo unsere Möglichkeiten enden. Leider können wir nicht alle Hunde bei uns aufnehmen und auch uns bricht es das Herz, kastrierte Hunde wieder zurückzubringen 💔Aber unsere Auffangstation ist sehr klein und bereits überbelegt, außerdem kostet jeder neue Hund viel Geld in der Versorgung, das wir irgendwie aus Spenden decken müssen 🙏
Wir müssen uns auch überlegen, wie die Zukunft jedes einzelnen Hundes aussehen wird, welche Hunde eine gute Chance haben, ein Zuhause in Deutschland zu finden und welche Hunde möglicherweise jahrelang in einem Gehege sitzen werden, ohne eine Anfrage 😪
Wir verzichten auch darauf, in der Türkei politisch oder mit Öffentlichkeitarbeit aktiv zu sein, da wir befürchten müssen, dass dies nachteilige Folgen für unsere Auffangstation vor Ort haben könnte.