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Jahresrückblick 2020

J. Hillebrecht
J. Hillebrecht schrieb am 14.01.2021
Liebe Paten, liebe Förderer, liebe Sunshine Project Unterstützer! Normalerweise berichte ich im Jahresbrief chronologisch von unseren Erlebnissen und Erfolgen der Kinder. Wie Ihr Euch denken könnt, wird dieser Jahresbericht deutlich anders ausfallen, da natürlich die Pandemie unser ganzes Projekt auf den Kopf gestellt hat. Trotzdem möchte ich bei der Abfolge der Monate bleiben, damit Ihr Euch leichter ein Bild von den Geschehnissen machen könnt: Im Januar waren wir noch alle guter Dinge und so schlossen wir die Bauarbeiten in den neuen Räumlichkeiten ab, in dem wir die Decke mit Holzwolle abdichteten und mit Panelen verschlossen, so dass kein Echo mehr widerhallte und somit mehr Ruhe im Raum gewonnen werden konnte. Der Jahresabschluss 2019 zeigte die Gesamtkosten von 193.593,00 € an, die wir dank Eurer Hilfe komplett decken konnten!!! Im Februar dann starteten die Unruhen in Delhi zwischen Moslems und Hindus, angefacht von der populistischen Politik des Premierministers Modhi. Wir betreuen Kinder jeglicher Religion in unserem Projekt und respektieren jeden Glauben, so dass sich die muslimischen Kinder bei uns sicher fühlen konnten. Allerdings waren sie von Angst zum Teil so beunruhigt, dass sie nachts nur schlecht Schlaf finden konnten. Viele dieser Kinder steckten zu der Zeit in den Vorbereitungen zum Abitur bzw mussten sich auf die schwierigen Prüfungen der 10. Klasse konzentrieren. Im April kam dann von einem auf den anderen Tag der komplette Corona Shutdown. Man darf sich das nicht so locker vorstellen, wie das in Deutschland gehandhabt wurde. In Delhi hieß das tatsächlich: Bleiben Sie zuhause! Mit einem Berechtigungsschein, den man aber auch nicht so schnell erlangte, dürfte man die nötigsten Einkäufe erledigen. Allerdings wurden Großeinkäufe verboten und man musste in seinem Viertel bleiben.Für Kuku und Priti stellte sich die Situation als extrem schwierig dar, denn für über 200 Kinder einzukaufen, wenn man keine großen Einkäufe tätigen darf, bedeutete das, diese Erledigungen in mehreren Geschäften zu absolvieren, immer mit der Angst, dass einem ein Polizist auf die Schulter tippt… Es gab ja auch nicht mehr viel Auswahl in den Geschäften und so nahmen die Beiden, was sie kriegen konnten. Unsere Räumlichkeiten dürften auch nicht mehr geöffnet werden! Wohin mit den ganzen Säcken Reis und Dal, den vielen Flaschen Öl, den Unmengen an Seife und Desinfektionsmitteln? Und wo sollten wir kochen und wie das Essen und Hygieneartikel verteilen? Wir entschieden uns für einen riskanten, aber einzig tragbaren Weg, um die Kinder nicht im Stich zu lassen und lagerten und kochten heimlich in unseren Räumlichkeiten. Anfangs verteilten wir das Essen von Haus zu Haus, änderten dies aber, indem wir eine Ausgabestation vor unserem Haus einrichteten, die zum Glück von der Polizei bis heute akzeptiert wurde.  Durch den totalen Shutdown verloren von Woche zu Woche die Eltern unserer Kinder ihre kleinen Hilfsjobs, die sie die letzten Jahre stolz errungen hatten und so entschieden wir uns, dass wir den Kindern zusätzlich zu ihren 3 Mahlzeiten am Tag auch Essen und Hygieneartikel für ihre Familien mitgeben würden. Unsere Bedingung war immer, dass nur unsere Kinder sich anstellen durften, damit die Eltern lernten, dass sie nur durch ihre Kinder und das Projekt an Nahrung kommen würden, damit sie nach dem ganzen Corona Desaster den Bildungsweg ihrer Kinder auch weiter mit uns gehen werden. Es hat natürlich auch dazu beigetragen, dass die Eltern stolz auf ihre Kinder sind und so der Zusammenhalt der Familie positiv gestärkt wurde. Die Gesundheit unserer Kinder unterstützten wir nicht nur durch Seife und Desinfektionsmittel, sondern auch durch die regelmäßige Gabe von homöopatischer Medizin und Vitamin C Kapseln, um das Immunsystem zu stärken. Außerdem natürlich durch das Lehren der A-H-A Regeln und das Tragen der Masken. Selbstverständlich kann sich jeder hier vorstellen, dass das Einhalten dieser Regeln in den Slums extrem schwierig durchzuführen ist. Wenn Eltern dann auch nicht als Vorbild herhalten, wird es natürlich noch schwieriger…. Eigentlich verfolgten wir die letzten Monate nur zwei Ziele:  Erstens, dass niemand Hunger leidet und zweitens, dass niemand krank wird. Beides haben wir bisher sehr gut geschafft, so dass wir nun auch wieder Luft hatten, um uns der Bildung der Kinder zu widmen. Im August starteten hier und da die Schulen ( seeeehr chaotisch) mit Homeschooling. Wir statteten hierfür unsere Kinder mit Tablets aus. Nun darf man sich darunter bitte kein schickes Ipad vorstellen. Diese Tablets sind etwas größer als ein großes Smartphone und wurden so auf die Haushalte verteilt, dass sich die Kinder zumeist eines teilen müssen. Glücklicherweise konnten wir zu den anfangs 100 gekauften Tablets noch 35 hinzufügen, da wir drei wunderbare extra Spenden erhielten: einmal von einer großen Spendenaktion anlässlich des 50. Geburtstags unseres Paten Gunnar Regier dann eine erfolgreiche gofundme Aktion meiner lieben Nichte Emilie Badert und schließlich noch durch eine Schulaktion der Nelson Mandela Schule in Berlin, angefacht durch die Schülerin Antonia Klaff, die selber in Delhi aufwuchs und daher das Sunshine Project persönlich kennt. An dieser Stelle noch einmal unseren herzlichsten Dank an Euch drei – Ihr ward unglaublich!!! Da wir leider unsere Räumlichkeiten immer noch nicht offiziell öffnen dürfen, müssen die Kinder unter sehr erschwerten Bedingungen wie Platzmangel, Hitze, Monsun und Lärm mitten im Slum ihren Hausaufgaben nachkommen. Einzig die angehenden Abiturienten und vereinzelte Schüler, die dringend Nachhilfe benötigen, schleusen wir heimlich in unser Haus ein, damit sie dort mit viel Ruhe und mit Privatlehrern (auch alles heimlich) lernen können. Gerade weil die Kinder dieses Jahr noch mehr als sonst zu erleiden hatten, wollten wir ihnen keinesfalls den Geburtstag verwehren, den wir ja traditionell für alle immer im August ausrichten. Nun waren wir natürlich sowohl finanziell, als auch lokal sehr eingeschränkt und so beschlossen wir, dass ein besonderes Essen eine gute Idee wäre und kauften Pizza und Eiscreme ein. Ich glaube, wenn man sich die Fotos der Kinder anschaut, sieht man, dass das eine gute Idee und eine willkommene Abwechslung war J Dieses Jahr war mit Sicherheit das Schwierigste seit Gründung des Sunshine Projects im Jahre 2002. Trotzdem blicken wir auch lächelnd auf die letzten Monate zurück, denn wir können mit Stolz berichten, dass wir dieses Jahr wieder acht Kinder durch das Abitur gebracht haben und dass alle Kinder die schwierige Hürde der 10. Klasse bestanden haben. Manche mussten zur Nachprüfung, aber spätestens da hat es dann geklappt J Die Abiturienten sind gerade dabei, sich Uniplätze zu sichern. Auch hier läuft es wahnsinnig chaotisch zu, da nichts von der Regierung geregelt wird und somit jeder sein eigenes Süppchen braut. Aber unsere Kinder sind durch eine harte Schule gegangen und sind hochmotiviert, ihren Weg weiter zu gehen und für ihre Studienplätze zu kämpfen. Wir werden sie selbstverständlich so lange unterstützen, bis sie finanziell auf eigenen Beinen stehen können. Sobald sich hier konkrete Uniplätze ergeben, werden die entsprechenden Paten individuell benachrichtigt. Manche Kinder haben uns leider frühzeitig verlassen. Sie sind mit ihren Eltern während des Shutdowns aus Delhi geflohen und kommen höchstwahrscheinlich erst in ein paar Monaten oder vielleicht auch gar nicht mehr zurück. Wir können nur hoffen, dass sie in ihrer Zeit bei uns so viel mitnehmen konnten wie möglich. Die entsprechenden Paten wurden hierüber separat informiert.   Die Corona Krise trifft selbstverständlich alle. Aber mit Sicherheit die Ärmsten der Armen am allermeisten. Sunshine Project hatte das große Glück, so loyale Unterstützer in Euch gefunden zu haben, so dass wir mit einem blauen Auge bisher davon gekommen sind.  Zwei große Projekte stehen dieses Jahr noch an: Erstens wollen wir unsere Räumlichkeiten mit Trennwänden “Corona regelkonform” umrüsten, so dass wir gut vorbereitet sind, wenn die Kinder wieder zu uns kommen dürfen. Hierfür haben wir eine großzügige Spende der Stern Stiftung erhalten, die auch dieses Jahr im Mai wieder einen Spendenaufruf in der Zeitschrift Stern gestartet hatte. Die Unterstützung der Stern Stiftung hat uns in den letzten zwei Jahren fortwährend begleitet, wofür wir unglaublich dankbar sind. Zweitens arbeite ich gerade an einer neuen Website, die langfristig eine “Wie kann ich das Projekt in jeglicher Form unterstützen” Plattform werden soll.Für den Anfang wird diese Seite aber so aufbereitet werden, dass wir ab dem 1. November eine Weihnachtskampagne starten können, um hoffentlich viele Spenden für die sehr notwendigen Dinge (vor allem für den harten Winter) kaufen zu können. Noch Ende Oktober wird es ein separates Schreiben hierzu an Euch geben. Die neue  Website wurde zu 100% pro bono von einer Werbeagentur gestaltet. Ich möchte mich an dieser Stelle schon einmal ganz herzlich bei Carla Banach und Heidi Menges von der Agentur Marketingfactor in Königstein bedanken, die uns so großzügig mit ihrer Zeit und Kreativität beschenkt haben. Wen ich heute einmal ganz explizit erwähnen möchte ist die help alliance. Unsere Kooperation mit der Hilfsorganisation der Lufthansa begann bereits 2009, als ich erstmalig nach einer finanziellen Hilfe fragte, um Küche und Bäder in unserem alten Hort neu bauen zu können. Aus dieser anfänglichen Finanzspritze wuchs etwas ganz Großes. Heute ist die help alliance für uns der wichtigste Partner. Diese Organisation unterstützt uns nicht nur mit sehr großzügigen Spenden (dieses Jahr mit 70.000€) und der pro bono Buchführung, sondern auch mit der Bündelung von Kompetenzen. So verknüpft sie uns mit Partnern vor Ort in Delhi, bietet jederzeit ihre Hilfe an, wenn es um Projektleitung, Spendenaktionen, online Fundraising oder den Umgang mit anderen Stiftungen geht.  Über die help alliance erhalten einige unserer Kinder jedes Jahr die Chance auf die Teilnahme an der Lufthansa Impact Week, die junge Erwachsene unterschiedlicher Herkunft an neuen Geschäftsmodellen zur Lösung lokaler Probleme entwickeln lässt.  Auf die help alliance konnten wir uns in den letzten elf Jahren unserer Zusammenarbeit immer verlassen und ich möchte mich an dieser Stelle ganz, ganz herzlich bedanken für diesen professionellen und immer freundlichen und herzlichen Support! Dieses Jahr war geprägt von vielen Hürden, aber auch von viel Dankbarkeit. Es hat mich zutiefst gerührt, wie stark nach wie vor die Unterstützung für unsere Sunshine Kinder war und ist. Es bedeutet mir so viel zu wissen, dass ich so viele Mitkämpfer für die gute Sache an meiner Seite habe. Euer Support bestärkt mich jeden Tag, Eure Loyalität beflügelt einen regelrecht J Mein größter Respekt und meine Bewunderung gelten wie immer Kuku und Priti, die das Projekt auch durch dieses stürmische Jahr mit Bravour und so viel Mut erfolgreich gebracht haben. Sie regelten viele Dinge am Rande der Legalität und haben sich, zum Wohl der Kinder, oft in eigene Gefahr gebracht. Liebe Paten und Förderer, ich wünsche Euch viel Gesundheit, dass Ihr jobmäßig gut durch die Pandemie kommt und dass Ihr viele schöne Momente mit der Familie und Euren Freunden verbringen werden könnt. Ihr habt alle das Herz am rechten Fleck. Das weiß nicht nur ich, sondern das können 265 Kinder in Saidulajab bestätigen!!! Ich sende Euch eine große Umarmung und meinen allerherzlichsten Dank, Eure Julia