Wir haben abgedreht! Mit den 5000 Euro Spenden konnten wir 4 Wochen lang filmen und die Dreharbeiten abschließen. Jetzt geht es in die 2. Runde - wir brauchen noch einmal eure Unterstützung für Schnitt und Editing.
Wer süchtig ist, braucht einen Panzer, um sich vor verächtlichen Blicken und Polizeikontrollen zu schützen. In einer Suchtpraxis in Berlin-Lichtenberg können drogenabhängige Menschen diesen Panzer ablegen.
Viola, die weißen Haare stets ordentlich zurückgekämmt, nennt ihr Gegenüber « Schatz ». Sie verschenkt gerne vierblättrige Kleeblätter und hat immer eine neue Biografie im Jutebeutel. Mit 16 Jahren hat Viola das erste Mal Opium genommen, heute ist sie 73. Wichtiger als Heroin sind in ihrem Leben nur: Die Bücher.
Gerd hat vor Kurzem seine nächste Ausstellung kuratiert. Die Kunst, das Malen, die Bilder kamen in sein Leben, als er zum ersten Mal nicht mehr ständig Geld für die Drogen beschaffen musste. Er verlor Jugendliebe und Job als Sozialarbeiter an das Heroin. Heute, fünf Jahrzehnte später, entledigt er sich dieser Erinnerungen, indem er sie auf Leinwände bringt. Die Spaziergänge mit seiner Hündin Rosi, adoptiert aus Rumänien, strukturieren seinen Tag.
Arianne hat seit ihrer Jugend in ganz Europa gelebt - immer auf der Straße. Seit einem Jahr hat sie eine Wohnung, eine Katze, eine Bilderwand mit Fotos ihrer zwei Kinder, regelmäßige Tischtennis-Dates mit ihrem Ex-Mann. Manchmal fehlt ihr das Gemeinschaftsgefühl von der Straße. Druff sein, ist einfacher, sagt sie. Und trotzdem kämpft sie für das Nüchternsein.
Wir, Clara Hellner und Niklas Gerhards, haben in der Suchtpraxis in Berlin gearbeitet. Wo sie sich sicher vor Ausgrenzung und Verurteilung fühlten, konnten wir Viola, Gerd und Arianne kennenlernen: Ihren rauen Witz, den ihnen manchmal selbst gefährlich werdenden Lebenshunger, ihrer Unangepasstheit, ihre offen vor sich getragene Herzenswärme. Wir haben gesehen, wie Verständnis und Menschlichkeit, aber auch ein echter Zugang zu Substitutionsmitteln wie Diamorphin* den Patient:innen ermöglicht, selbst zu entscheiden: Wie soll mein Leben aussehen und was ist ein realistischer Platz für Sucht oder Abstinenz darin?
Mit unserem Film begleiten wir die Patient:innen in ihrem Alltag und lassen sie ihre Geschichten erzählen. Durch unsere zweijährige Arbeit in der Substitutionspraxis, haben wir tiefen Einblick in Entstehung und Therapien von Suchterkrankungen erlangt. Zudem entstand ein für einen Dokumentarfilm einzigartiges Vertrauensverhältnis zu den Protagonist:innen.
Beides wollen wir durch den Dokumentarfilm einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen und somit einen wichtigen und fehlenden Beitrag zur Aufklärung über Suchterkrankungen leisten.
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* Teil des Ansatzes der Substitutionspraxen ist die Verschreibung von “pharmazeutischem Heroin“, Diamorphin genannt, als Substitutionsmedikament für diejenigen, denen Methadon kein Ausstieg aus dem Straßenheroin ermöglicht.