JAHRESBERICHT 2019
von: Michael Kurz / Vorstand Africachild e.V.
Einleitung
Das neunte Jahr von Africachild Village in Diani Beach Kenia ist zu Ende gegangen. Es war für uns ein sehr schwieriges Jahr. Trotz des leider geringeren Spendenaufkommens mussten wir doch den Betrieb des Africachild Villages aufrechterhalten, um den jungen Müttern und ihren Kindern weiterhin ein Heim bieten zu können. Eine Lebensalternative haben sie nicht. Umso mehr möchten wir Ihnen als Spendern dafür von Herzen danken, dass Sie uns und vor allem die jungen Mädchen mit Ihren Kindern unterstützt haben.
Dieser Jahresbericht soll Ihnen einen Überblick über das Jahr 2019 geben und auch eine Vorschau für 2020 darstellen.
Das Jahr 2019
Im Januar 2019 haben 18 junge Mädchen und 16 Babies bzw. Kleinkinder im Village gelebt. Bis Dezember 2019 konnten wir erfolgreich 10 junge Mütter zum Abschluß ihrer Schul- und Berufsausbildung führen und diese reintegrieren. So konnten wir wieder 8 junge Mütter in das Village aufnehmen. Im Dezember 2019 lebten 16 junge Mädchen und 16 Babies bzw. Kleinkinder im Village.
Im ersten Halbjahr haben zwei Mädchen ihre Kinder im Village auf die Welt gebracht. Im März wurde Roman* und im Juli Shantei* geboren. Die Geburten fanden jeweils im Krankenhaus vom Mombasa statt, wo alle unsere jungen Mütter und deren Kinder versorgt werden.
Im Laufe des letzten Jahres haben uns 10 Volunteers, davon 6 aus Deutschland im Village unterstützt. Sie halfen vor allem in den Bereichen Englischunterricht, Schwimmunterricht und Babybetreuung. Es bildeten sich auch viele Freundschaften zwischen den Volunteers und den jungen Frauen, die auch noch nach der Rückkehr in die Heimat anhalten.
Die Wasserknappheit macht leider auch vor dem Africachild Village nicht halt. Durch die Installation einer elektrischen Wasserpumpe konnten außer dem Village auch noch die umliegenden Gemeinden mit frischem, lebensnotwendigem Wasser versorgt werden.
Das Africachild Village betreibt eine eigene Schneiderei und einen eigenen Frisörladen. Hier erlernen unsere jungen Mütter das Frisör- und Schneiderhandwerk. Da der Frisörladen mit seinen Chemikalien zu nah an unserer Gemeinschaftsküche lag, haben wir uns im 4. Quartal entschlossen, einen entsprechenden Umzug in das jeweils andere Haus durchzuführen.
Durch unsere engen Kontakte mit den vor Ort ansässigen Unternehmen konnten wir mehreren unserer jungen Frauen auch Ausbildungsstellen in externen Frisörsalons, Kosmetikstudios und Hotels vermitteln. Nach erfolgreicher Ausbildung besteht anschließend die Möglichkeit in Festanstellung übernommen zu werden.
Mit Hilfe der Spende eines italienischen Segeltuchherstellers konnte zusammen mit den örtlichen Fischern eine außergewöhnliche Zusammenarbeit vereinbart werden. Die Segeltuchspende wurde an die Fischer weitegegeben, mit der Auflage das Africachild Village zwei Mal in der Woche mit frischem Fisch zu versorgen. Eine Win-Win Situation für alle. Die Fischer können dank der neuen Segel mehr Fische fangen und das Village wird mit frischem Fisch versorgt.
Auch an die Kleinsten im Village wurde 2019 gedacht. Durch den Bau einer kinderfreundlichen Toilette können die größeren der Kinder nun trainiert werden, eine Toilette zu benutzen.
Besonders stolz sind wir auf unsere Eigenbetriebe. Diese helfen einerseits den jungen Frauen sich zu entwickeln und Fähigkeiten zu erlernen, die später ihren Lebensunterhalt sichern und liefern andererseits auch einen Beitrag zu den laufenden Kosten des Villages. In unserer Schneiderei, unserem Frisörsalon und unserem Babycare-Haus bilden wir nicht nur unsere jungen Mütter aus, sondern bieten inzwischen auch externen Kenianerinnen unsere Dienstleistungen an.
Natürlich gab es 2019 noch viele weitere größere und kleinere Ereignisse, die jedoch den Rahmen dieses Berichtes deutlich sprengen würden.
Pläne und Herausforderungen 2020
Der Anstieg der Rohstoffpreise und die Abwertung der Landeswährung (kenianischer Schilling, KsH) machen auch dem Africachild Village zu schaffen. So müssen die jungen Mütter und deren Kinder Tag für Tag versorgt werden. Durch den eigenen Anbau von Lebensmitteln werden wir versuchen, die gestiegenen Ausgaben in diesem Bereich noch besser in den Griff zu bekommen.
Die jungen Frauen, die bei uns eine Schneider- oder Frisörausbildung absolvieren, schließen diese mit einem staatlich anerkannten Abschluss ab. Dies ist uns sehr wichtig, denn er erhöht die Berufschancen immens. Wir haben derzeit 16 Mädchen in der Ausbildung, was sehr erfreulich ist. Jedoch stellen uns die hohen Prüfungsgebühren vor zusätzlich finanzielle Herausforderungen.
Für 2020 planen wir die Leistung der Eigenbetriebe Schneiderei, Frisörsalon, Baby-Care und Feldarbeit noch weiter zu steigern und somit finanziell unabhängiger zu werden. Gleichzeitig wird das Afriachild Village auch im Umland bekannter, was die Akzeptanz der Einrichtung noch mehr hebt und gleichzeitig zu steigenden Übernahmechancen für die jungen Mütter in benachbarten Unternehmen führt.
Wir haben uns auch vorgenommen, die jungen Frauen beim Reintegrationsprozess noch intensiver zu betreuen. Ziel ist es, die jungen Frauen wieder vollständig in Ihre Familien- und Dorfgemeinschaften zu integrieren. Doch gerade in Familien bestehen leider, für uns Europäer schwer verständlich, viele Vorbehalte, das eigene Kind wieder aufzunehmen.
Wer sind die Mädchen?
Wir werden immer wieder gefragt, was das für Mädchen sind, die im Afriachild Village Zuflucht finden und was für eine Geschichte sie haben. Wir möchten hier zwei der Mädchen und Ihre Geschichten vorstellen. So furchtbar und unbegreiflich diese Geschichten für uns sind, so sind sie leider alltäglich in Kenia und der Grund für unsere Engagement.
Alisha*
Aufgrund häuslicher Gewalt musste ihre Mutter die Familie verlassen. Nun musste sich Alisha alleine um die Geschwister und den Haushalt kümmern. Vom ständig betrunkenen Vater ohne Geld im Stich gelassen, war sie gezwungen, Geld für Lebensmittel zu organisieren. Ein Polizist nutzte diese Notlage aus und bot ihr Geld gegen Sex und verging sich an ihr. Nachdem sie ungewollt schwanger wurde, griff man sie auf und brachte sie ins Africachild Village, wo sie nun seit 3 Jahren betreut wird. Sie arbeitet zurzeit in unserem Frisörsalon, wo Sie auch von uns ausgebildet wurde.
Garce*
Mutter des kleinen Robert. Garces Mutter ist unbekannt, der Vater an Tuberkulose erkrankt. Sie wurde an einen deutlich älteren Mann gegeben, der sie heiraten sollte. Doch nachdem er sie geschwängert hatte, wurde sie von ihm verstoßen. Psychisch schwer angeschlagen wurde sie ins Africachild Village gebracht. Nachdem Sie im Village eine Ausbildung als Schneiderin gemacht hat, arbeitet sie derzeit eine von uns koordinierte Ausbildung im Hauskeeping einer Ferienanlage.
*Alle Namen in diesem Artikel wurden zum Schutz der Persönlichkeit von uns geändert
Schlussworte
Es hat sich viel verändert in den letzten 9 Jahren. Aus einer Idee ist eine funktionierende Einrichtung geworden. Eine Einrichtung, in der verzweifelte junge Frauen und Ihre Babys Hilfe und Unterstützung finden. Ein Ort, an dem sie ein Zuhause finden. Ein Ort, an dem sie Ihre traumatische Vergangenheit zurücklassen können und noch einmal neu anfangen können.
Das alles wäre ohne Ihre Spenden nicht möglich gewesen. Keines der Mädchen und ihre Babys hätten gerettet werden können. Dafür möchten wir uns im Namen von Africachild und im Namen der Mädchen recht herzlich bedanken. Aber gleichzeitig möchten wir an Sie appellieren, uns weiterhin zu unterstützen, damit wir unser Projekt erfolgreich weiterführen können.
DANKE