Metakognitives Training bei Schizophrenie (MKT)
In der Tradition verhaltenstherapeutischer Behandlungsstrategien hat unsere Arbeitsgruppe ein neuartiges Trainingsprogramm entwickelt, das sogenannte Metakognitive Training für Patienten mit Schizophrenie (MKT). Das Training besteht aus 8 verschiedenen Einheiten (Modulen), die jeweils in einer 45minütigen Gruppensitzung durchgeführt werden. Die Gruppe setzt sich aus bis zu 10 Teilnehmern zusammen und wird von zwei Therapeuten angeleitet.
Der Name leitet sich von „meta“ für über und „Kognition“ für Denken ab. Es geht also um das „Denken über das Denken“, insbesondere die Offenlegung und Bewusstmachung typischer Denkverzerrungen und einseitiger Problemlösestile, die die Entwicklung von falschen Überzeugungen bis hin zu Wahnideen begünstigen. Die Teilnehmer werden angeleitet, ihr bisheriges Problemlöseverhalten kritisch zu reflektieren, zu verändern und die Inhalte des Trainings im Alltag umzusetzen.
Da eine Psychose selten plötzlich auftritt, sondern meist eine schleichende Veränderung in der Bewertung eigener Empfindungen sowie der sozialen Umwelt vorausgeht, soll über die Stärkung der eigenen Selbstbeobachtung eine prophylaktische Wirkung erzielt werden. Zu den problematischen Denkstilen, welche als mögliche Entstehungsmechanismen für Wahnideen diskutiert werden, zählen u.a. voreiliges Schlussfolgern (Modul 2 und 7), mangelnde Korrigierbarkeit (Modul 3) und Defizite bezüglich der sozialen Einfühlung (Modul 4 und 6). Auch depressive Denkschemata werden im Training bearbeitet (Modul 8), da auf eine akute psychotische Episode häufig eine Depression folgt.
Beispiel: Unter anderem erhält jeder Patient zu Beginn des Trainings eine gelbe und eine rote Karte, die er möglichst immer bei sich tragen sollte. Die gelbe Karte stellt drei Fragen ("Was sind die Beweise?", "Gibt es andere Sichtweisen?", "Selbst wenn ich Recht habe – reagiere ich über?"), die dem Betroffenen helfen sollen, nochmals inne zu halten in Situationen, in denen er sich z.B. bedroht fühlt, bevor er falsche, voreilige und v.a. folgenschwere Schlussfolgerungen zieht. Auf der roten Karte kann der Patient Namen und Rufnummern von Menschen und Institutionen eintragen, die ihm helfen können, eine Krise zu meistern. Sie können sich die Karten auch in unserem Fotoalbum anschauen: https://www.betterplace.org/de/projects/5075-metakognitives-training-fur-menschen-mit-psychischen-storungen#gallery
Das Training liegt bisher in 33 Sprachen vor (u.a. in deutsch, englisch, holländisch, französisch, spanisch, chinesisch, koreanisch und persisch). Derzeit führen über 160 in- und ausländische Kliniken und Institutionen das Metakognitive Training durch, u.a. mehrere Universitätskliniken (z.B. Hamburg und Heidelberg), psychiatrische Krankenhäuser (Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, BEK in Berlin, Psychiatrie in Herten) und viele freie Praxen. Verschiedene niedergelassene Therapeuten haben die Anwendung auch auf Patienten mit Asperger Autismus ausgeweitet.
Die vollständigen
Trainingsmaterialien, weitere Informationen und die aktuellsten Forschungsergebnisse
finden Sie kostenlos unter:
http://clinical-neuropsychology.de/metakognitives_training_psychose.html