Wasser macht schlau: Schulbesuch statt Kanister schleppen

Björn Lampe
05.05.2014

Björn Lampe, Leiter des Projekte & Organisationen-Team bei betterplace.org, war eine Woche mit der Organisation Viva con Agua auf Projektreise in Äthiopien. Seinen ersten Blogbeitrag zur Reise kannst Du hier nachlesen. Der zweite Teil folgt jetzt:

“Früher mussten wir zum Wasserholen darüber klettern”, sagt Andreas, der Leiter des örtlichen Wasserkommitees, und zeigt auf den Berg hinter sich. “Das hat gut drei Stunden gedauert. Meistens haben Eltern ihre Kinder losgeschickt, die Kanister zu befüllen, während sie selbst auf den Feldern arbeiteten.” Doch jetzt stehen fast 100 Kinder neben ihm – mitten auf einem Schulhof.

[caption id=”attachment_10410” align=”aligncenter” width=”700”]Wasser und Hygiene sind ernste Themen, die regelmäßig auf dem Lehrplan der SchülerInnen stehen Wasser und Hygiene sind ernste Themen, die regelmäßig auf dem Lehrplan der SchülerInnen stehen[/caption]

Unsere Reise hat uns heute auf diesen Schulhof, in ein kleines Dorf rund 30 Kilometer außerhalb der Stadt Kobo geführt, zehn Auto-Stunden nördlich von Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. Es ist elf Uhr morgens und das Thermometer zeigt fast 30 Grad Celsius. Das Land um uns herum ist staubig und trocken. Doch vor drei Jahren begann hier eine kleines Wasser-Revolution. Mit Unterstützung von Viva con Agua wurde ein Brunnen gebohrt, ein Wasserreservoir oben auf dem Berg errichtet und fünf Wasserkioske eröffnet. An diesen Kiosken konnten die Dorfbewohner ihre Kanister direkt füllen – gegen ein kleines Entgelt. Aus den Erlösen wurde die Erweiterung des Wassernetzes finanziert: inzwischen hat fast jedes Haus im Dorfkern einen eigenen Wasseranschluss. Und auch eine öffentliche Viehtränke wurde eingeweiht, denn Viehzucht ist hier eine der Haupteinnahmequellen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Schüler deutlich an. Sechs Klassen der Grundschule sind heute bis auf die letzte Reihe gefüllt, gerade wird ein neues Schulgebäude errichtet. Natürlich verfügt auch die Schule über einen Wasseranschluss und über vier gepflegte Latrinen.

[caption id=”attachment_10411” align=”aligncenter” width=”700”]Vor dem Essen gehört Hände waschen dazu Vor dem Essen gehört Hände waschen dazu[/caption]

“Wir achten auf Sauberkeit!”, erzählen uns wenig später begeistert zwei kleine Kinder. In jeder Klasse gibt es zwei WASH-Verantwortliche. WASH steht für Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene. Die Kinder achten darauf, dass ihre MitschülerInnen die Schule sauber halten, sich regelmäßig die Hände waschen und kein Wasser verschwenden. Zudem kommt allen Schülern eine wichtige Vermittlerrolle zu: Sie sollen das Gelernte auch zu ihren Eltern tragen, um so das Bewusstsein für Sauberkeit zu schärfen, denn noch immer erkranken viele Äthiopier an Krankheiten, die auf mangelnder Hygiene beruhen.
Wir sind beeindruckt von den Fortschritten, die das Wasser ins Dorf gebracht hat. Und auch vom Engagement der Menschen: Derzeit planen sie, aus ihren Erlösen aus dem Wasserverkauf und mit Unterstützung der Regionalregierung das Wassernetz so zu erweitern, dass auch die etwas außerhalb liegenden Hütten und Häuser angeschlossen werden können.

[caption id=”attachment_10412” align=”aligncenter” width=”700”]Das äthiopische Nationalgericht Injera wird geteilt Das äthiopische Nationalgericht Injera wird geteilt[/caption]

Als wir zum Dorfkern zurückkehren, erwartet uns eine Überraschung: Spontan werden Stühle unter den beiden großen Bäumen zusammengestellt und wir zu einem Picknick eingeladen. Die Dorfbewohner tragen Getränke und lokale Spezialitäten herbei, immer mehr Menschen gesellen sich dazu. Die immense Gastfreundschaft ist nicht nur ein Ausdruck der Dankbarkeit. Das kleine Fest zeigt vor allem, wie sauberes Trinkwasser Menschenleben aufblühen lässt.

Fotos: Klaus Klische